Full text: Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen

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den frühesten Zeiten haben die Handwerker nachweisbar auf Tischen 
oder in leicht aufzuschlagenden, leicht abzubrechenden Buden, wie wir 
sie heute noch auf unseren Jahrmärkten sehen, ihre Waren feilgeboten. 
Doch waren das nur Notbehelfe, welche bei rege entwickeltem Ver¬ 
kehr um so weniger vorhalten konnten, als weder Ware noch Ver¬ 
käufer bei solchen primitiven Einrichtungen Schutz gegen Wind und 
Wetter sowie gegen Diebeshände fanden. Aber nicht nur Käufer 
und Verkäufer hatten ein Interesse daran, daß diese Verhältnisse 
sich befestigten, auch die Obrigkeit, welche den Markt beschützte 
und infolgedessen das Standgeld davon einzog, mußte es gerne sehen, 
wenn durch Verbesserung der Einrichtungen dem Markte eine gewisse 
Stetigkeit gewährleistet wurde." So begann denn die Stadtobrig¬ 
keit, der baulichen Ordnung des Marktes ihre Aufmerksamkeit zu 
widmen. Auf stadtherrlichem oder städtischem Grund und Boden 
errichtete sie feste Buden, Lauben, Hallen, Kaufhäuser, und schuf 
damit eine Reihe zweckmäßiger Verkaufsstellen, wobei die Anordnung 
getroffen ward, daß die Verkäufer der nämlichen Ware ihren Stand 
nebeneinander erhielten. Innerhalb der den einzelnen Gewerben 
zugewiesenen Bezirke, unter den einzelnen Verkäufern, entschied ge¬ 
wöhnlich das Los. Gegen gewisse Gebühren wurden die einzelnen 
Stellen von der Stadtobrigkeit an die einzelnen Gewerbetreibenden 
ausgetan. Diese waren gezwungen, nur an diesen Stellen ihre Ware 
feilzuhalten. Nur auf den ihnen angewiesenen Brot- und Fleisch¬ 
bänken durften Bäcker und Metzger verkaufen. Reichte der Marktplatz 
nicht mehr aus, so schuf man für bestimmte Waren oder Gewerbe 
besondere Marktplätze (Kornmarkt, Roßmarkt, Trrchmarkt usw.) oder 
dehnte die Verkaufsstellen über die dem Marktplatze benachbarten 
Straßen aus. Die geschilderte bauliche Einrichtung des Marktes und 
die Anordnung der Verkaufsstellen läuft darauf hinaus, die Aus¬ 
übung der Warenschau und Marktpolizei, die Erhebung der Markt¬ 
gebühren zu erleichtern, den Käufern eine bequeme Warenvergleichung 
zu ermöglichen, für die Verkäufer aber eine gewisse Gleichheit der 
Geschäftslage herzustellen. 
Die Strenge dieses „Stellen- und Hallenzwanges" lockerte sich 
in dem Maße, als sich die Stadt zum dauernden Markte entwickelte. 
Je wohlhabender Kaufleute und Handwerker wurden, desto eher 
waren sie in der Lage, auf die Benutzung jener von der Stadt¬ 
obrigkeit geschaffenen Verkaufslokale zu verzichten und selber die 
nötigen baulichen Anordnungen zu vollziehen. Die Zunahme der 
Bevölkerung machte die Duldung solcher eigenen Verkaufsstellen in 
den vom Markte entfernten Stadtteilen zur Notwendigkeit. Anderer¬ 
seits gehen jene öffentlichen Bänke, Lauben, Gaden usw. mehr und 
mehr in den Besitz einzelner Gewerbetreibenden und Kaufleute oder 
gewerblicher und kaufmännischer Genossenschaften über. Der Stellen-
	        
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