Full text: Lese-, Lehr- und Hilfsbuch für Gewerbeschulen

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Das Buchdruckgewerbe. 
Da wurde zu Anfang des 19. Jahrhunderts von einem 
Engländer eine eiserne Handpresse hergestellt. Die Schraube 
mit dem Preßbengel war in dieser Presse durch ein Hebelwerk ver¬ 
drängt, das bei geringerem Kraftaufwand einen stärkeren und gleich¬ 
mäßigeren Druck ermöglichte. Die Erfindung der Farbewalze ver¬ 
drängte den Lederballen, und io konnte eine schnellere und bessere 
Einfärbung der Schrift erfolgen. 
Eine Umgestaltung von weitgehendster Bedeutung erfuhr 
aber die Buchdruckerkunst erst durch die Erfindung der Schnell¬ 
presse. Sie hat wesentlich mit dazu beigetragen, daß das 19. Jahr¬ 
hundert das Jahrhundert eines gewaltigen Fortschritts auf allen Kultur¬ 
gebieten werden konnte. Der Erfinder der Schnellpresse war der deutsche 
Buchdrucker Friedrich König, ein Schüler Breitkopfs. Er ging nacb 
London und baute hier im Verein mit Andreas Friedrich 
Bauer im Jahre 1810 eine mechanisch betriebene Flachdruck¬ 
presse und darauf 1811 eine Zylinderdruckpresse, dev 
dann noch 1814 eine Schön- und Widerdruckpresse folgte, 
die selbsttätig den Bogen wandte und auch gleich dessen Rückseite 
bedruckte. Später siedelten König und Bauer wieder nach Deutsch¬ 
land über und gründeten in Oberzell bei Würzburg die 
erste deutsche Schnellst ressensabrik, die noch jetzt im 
Besitze ihrer Nachkommen ist. 
Es gibt heute Schnellpressen verschiedener Systeme, 
z. B. einfache Schnellpressen und solche mit schwingendem 
Zylinder, die beim Vor- und Rückwärtsgange drucken und daher 
doppelt so viel leisten als die einfachen; aber alle haben das 
gemein, daß sie die beim Druck erforderlichen Arbeiten selbst be¬ 
sorgen. Sie verreiben in einem Farbwerk die Farbe, tragen 
sie mittels Walzen auf den Schriftsatz, führen den Karren mit dem 
Satze unter den Druckzylinder, pressen den angelegten Bogen auf 
den Satz und werfen den bedruckten Bogen heraus. 
Für kleine Akzidenzarbeiten hat man sog. Tiegeldruckpres- 
s e n konstruiert, das sind Schnellpressen in kleinem Maßstabe, bei 
denen jedoch der Drucktiegel statt des Druckzylinders beibehalten ist. 
Eine Errungenschaft der Neuzeit ist die Erfindung der 
Rotationsmaschine. Diese unterscheidet sich von der gewöhn¬ 
lichen Schnellpresse hauptsächlich dadurch, daß, der stereotypierte 
Schriftsatz aus Zylindern ruht, und daß sie auf endloses Rollen¬ 
papier druckt. Außerdem erfordert sie weniger Bedienung und lie¬ 
fert bis zur zehnfachen Arbeit der gewöhnlichen Schnellpresse. 
So hat das 19. Jahrhundert durch die Erfindung und Ver¬ 
besserung der verschiedensten Schnellpressen für einen wesentlichen 
Fortschritt der Drucktechnik gesorgt und somit das reichlich nach¬ 
geholt, was in den vorhergehenden Jahrhunderten versäumt wurde. 
Die Anwendung der Schnellpresse ermöglichte erst die Massenpro¬ 
duktion von Drucksachen, die unsere heutige Zeit gebieterisch fordert. 
Es versteht sich fast von selbst, daß man im vorigen Jahrhundert 
auch bemüht war, Maschinen für die mechanische Herstellung des 
Schriftsatzes zu erfinden. Die ersten Versuche, Setzmaschinen 
herzustellen, wurden schon in den dreißiger Jahren des vorigen Jahr-
	        
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