Full text: Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen

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„Auweh!" rief mein Barer, „'s ist schon alles hin." 
Über den Waldrücken herüber, der sich in einem weitgebogenen 
Sattel durch die Gegend legt und das Ober- und Unterland von 
einander scheidet, strebte still und hell die Flamme auf. Man hörte 
kein Knistern und Knattern; das schöne, neue Haus, welches erst vor 
einigen Wochen fertig geworden war, brannte wie Öl. Die Lust 
war feucht, die Sterne des Himmels waren verdeckt; es murrte zu¬ 
weilen ein Donner, aber das Gewitter zog sich sachte hinaus in die 
Gegend von Birkseld und Weitz. 
Ein Blitz — so erzählte nun der Mann, der uns geweckt hatte, 
der Schas-Gistel war's — wäre etlichemal hin- und hergezuckt, hätte 
ein Trudenkreuz aus den Himmel geschrieben und wäre dann nieder¬ 
wärts gefahren. Er wäre aber nicht mehr ausgeloschen, der lichte 
Punkt an seinem Ende wäre geblieben und rasch gewachsen, und da 
hätte sich er, der Schas-Gistel, gedacht: Schau du, jetzt hat's den 
klein' Maxel getroffen. 
„Wir müssen doch schauen gehen, daß wir was Helsen mögen," 
sagte mein Vater. 
„Helsen willst da?" versetzte der andere. „Wo der Donnerkeil 
dreinfahrt, da rühr' ich keine Hand mehr. Der Mensch soll unserm 
Herrgott nicht entgegenarbeiten, und wenn der einmal einen Himmel- 
letzer (Blitz) auss Haus wirst, so wird er auch wollen, daß es brennen 
soll. Hernach mußt wissen, ist so ein Einschlagets auch gar nicht 
zu löschen." 
„Deine Dummheit auch nicht," ries mein Vater, und zornig, 
wie ich ihn noch selten gesehen hatte, schrie er dem Gistel ins Gesicht: 
„Du bist blitzdumm!" 
Er ließ ihn stehen und führte mich an seiner Hand rasch davon. 
Wir stiegen ins Engtal hinab und gingen am Fresenbach entlang, 
wo wir das Feuer nicht mehr sehen konnten, sondern nur die Röte 
in den Wolken. Mein Vater trug einen Wafferzuber bei sich, und ich 
riet, daß er denselben gleich an der Fresen füllen solle. Mein Vater 
hörte gar nicht draus, sondern sagte mehrmals vor sich hin: „Maxel, 
aber daß dich jetzt so was treffen muß!" 
Ich kannte den kleinen Maxel recht gut. Es war ein behendiges, 
heittes Männlein, etwa in den Vierzigern; sein Gesicht war voll 
Blatternarben, und seine Hände waren braun und rauh wie die 
Rinden der Waldbäume. Er war seit meinem Gedenken Holzhauer 
in Waldenbach. 
„Wenn einem andern das Haus niederbrennt," sagte mein Vater, 
„na, so brennt ihm halt das Haus nieder." 
„Jst's beim klein' Maxel nicht so?" fragte ich. 
„Dem brennt alles nieder. Alles, was er gestern gehabt hat 
und hellt' hat und morgen hätk haben können." 
„So hat der Blitz den Maxel leicht selber erschlagen?" 
„Das wär 's best, Bub. Ich vergunn' ihm das Leben, Gottseid,
	        
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