Metadata: Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen

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breiter Streifen, in blauer und gelber Farbe, blieb am Horizont Wohl 
eine Viertelstunde. In dieser Beleuchtung brachen wir auf. Da es kein 
Rückzug war, da wir nicht mehr vom feindlichen Feuer belästigt wurden, 
ging alles in Ordnung. Bei dem Hofe angekommen, machte der Bataillons¬ 
kommandeur für seine Person kehrt und halt. Er saß, den Kopf vor¬ 
gebeugt, den wieder gezogenen Degen auf dem Sattelknopf kreuzend, in 
ruhiger Haltung. Um ihn, höchste Eile in größter Ordnung war geboten, 
flutete rechts und links das Bataillon wie schnelle Ebbe um einen Felsen. 
So nahe mußten die Leute an ihm vorbei, daß sie oft die. Flanken des 
Gauls berichrten, der dadurch nach rechts und links geschoben wurde. 
Im Osten lag das einzige breite Tor der Besitzung. Dieses sog, 
wie Schafe der Pferch, nacheinander die Kompagnien herein. Unmittelbar 
neben dieser Öffnung hatte sich ein Geschütz mit den sechs Pferden und 
einigen Bedienungsmannschaften zu undurchdringlichem Knäuel verfitzt. 
Alles schien schon im Jenseits, Mensch und Tier; nur ein Dunkelbrauner 
suchte immer wieder aus die Beine zu kommen, Mähne und Kopf wieder¬ 
holt hebend. Ist es der aus dem Himmel geschlagene, in- und durch¬ 
einander geschüttelte Sonnenwagen? ging mirs durch den Kopf, als ich 
den Wirrwarr sah. Eine einzige gut getroffene Granate hatte das Unheil 
angerichtet. 
„Alles drin in der Arche?" ries der Noah-Oberstleutnant, als er, 
der letzte, hereinritt. „Zu Befehl, Herr Oberstleutnant!" schrieen wir vier 
Kompagnie-Chefs fast einstimmig. „Tor schließen, verrammeln, Bettzeug 
dahin!" Dann eine kurze Anweisung: „Dort die erste, dort die zweite, 
dritte, vierte Kompagnie!" begleitet mit Fingerzeig und Degenausstteckung, 
und fast eben so schnell standen wir an den angewiesenen Plätzen. Diese 
Plätze waren einfach zu wählen, ringsum hinter der ganzen Umfassungs¬ 
mauer. Aber die Mauer ragte hoch auf. So mußte vor allem dafür 
gesorgt werden, daß wir über die Bekrönung hinwegsehen, auf diese die 
Gewehre legen konnten. Also Unterlage her! Und gleich wurde herum¬ 
geschleppt, was nur tragbar Möbel, Tonnen, Fässer, ein Klavier, Dünger, 
im Umsehen gekappte Bäume, ein mit Windeseile abgebrochenes chinesisches 
Lusthäuschen. Über dies alles Bohlen und Bretter, die glücklicherweise 
sich vorfanden. Nun hinaus auf die Bohlen und Bretter! Es geht; die 
Gewehre liegen gut, wir können ins Vorland schauen. 
Der Besitz bestand aus einem Herrenhaus und einem großen Neben¬ 
gebäude, das als Stall und Vorratsraum seinen Zweck zu erfüllen schien. 
Beide wurden umschlossen von einem großen Park mit jungem Baumschlag; 
diesen wieder umzog überall die nun von uns besetzte Mauer. Das 
Schlößchen war in nicht aufzuklärendem Sttl gebaut. Oben barock 
^Schnörkel und Muschel), lies es unten in eine die ganze Länge der 
Sttrnseite einnehmende Säulenhalle aus. Diese Säulen verband, im 
höchsten Grade beleidigend fürs Auge, eine Glaswand. Doch in diesem 
Augenblicke glänzte keine Scheibe, kein Scheibchen ganz. Und klirr, klirr, 
klang es noch immer. 
Die Sonne war untergegangen. Auch die blauen und gelben Stteifen
	        
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