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„ Schand' keine ", sagte ich und wendete mein Auge nicht non
den Zeilen, die zum Teil gedruckt und zum Teil geschrieben waren, „da
schon eher eine Ehr'.
Stellen muß ich mich."
Der Zettel lautete:
Vorrufung. Rosegger, Peter, Haus-Nr. 16 in Alpel, im Jahre
1843 geboren, von der Gemeinde Krieglach, hat behufs seiner Militär¬
widmung am 14. März 1864, vormittags 8 Uhr am Affentierungs-
platze zu Bruck rein gewaschen und in gereinigter Wäsche verläßlich zu
erscheinen, widrigens er als Rekrutierungsflüchtling behandelt werden und
sich die diessälligen gesetzlichen Folgen zuzuschreiben haben würde.
Kindberg, den 15. Februar 1864.
(Los-Nr. 67. Der k. k. Bezirksvorsteher.
Altersklasse 1.) Westreicher m. p. *)
Jetzt war schon auch die Mutter da. Sie konnte es nicht glauben. —°
Wie lang tät's denn her sein, daß ich Ueber (kaum) ein Halterbübl wär'
gewesen. Und jetzt auf einmal Soldat!
„Noch ist er's nicht," sagte mein Vater. „Last' nur Zeit," er¬
widerte die Mutter. „Und schau ihn nur an. Den schicken sie dir nicht
mehr heim. Jesus Maria, und die Brust wachst sich jetzt auch aus. Dein
schmales Brüste! ist mir allerweil mein Trost gewesen. Daß du letzt'
Jahr aber gar soviel daher gewachsen bist!"
Ich war ans dem Bett gesprungen, wußte aber nicht, wie ich
mich gegen den Vorwurf der trostlosen Mutter verteidigen sollte.
Bis zum 14. März waren noch mehrere Wochen. Die Mutter
wollte, daß ich gar nicht mehr auf die Ster **) gehen, sondern zu Hause
bleiben sollte, damit sie mich die kurze Zeit noch um sich hätte. Mein
Lehrmeister war immer güttg, er gab ihr nach. Sie verlor sich in
Sinnen und Plänen, wie sie mir diese Zeit, die letzte, die ich um sie sein
sollte, angenehm machen könne. Sie besann sich auf all meine Lieblings¬
speisen. Sie sprach die Botcngcherin an, daß sie ihr rote Rüben und
getrocknete Kirschen verschaffe, Dinge, die meinem Gaumen damals zur
Lust gewesen sind. Sie streute den Hühnern Hafer über Hafer vor und
suchte ihnen zu bedeuten, daß ihnen den ganzen nächsten Sommer über
die Pflicht erlaffen sei, nur jetzt in dieser großen Zeit sollten sie Eier
legen, sonst wisse sie sich nicht anders zu helfen als Kopfabhacken; denn
der Kaiserliche, wenn er keine Eierspeise kriege, so effe er auch gebratene
Hühner, und wären sie noch so alt und zäh; man glaube nicht, was sv
ein junger Mensch, der just im Soldatwerden fft, für Zähne hat!
Ich nahm damals, als die Rekrutierung bevorstand, die Güte der
Mutter ziemlich gleichgülttg hin, und anstatt bei ihr zu Hause zu bleiben,
ging ich zu den Nachbarn und machte Gemeinschaft mit den Burschen,
welche, wie ich, die Vorrufung erhalten hatten.
*) manu propria, mit eigener Hand.
**) Stubenarbeit.