Full text: Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen

her unter seiner Leitung der Fabrik vorgestanden, übergegangen ist; 
daß ich mit demselben das Geschäft unter der früheren Firma von 
„Friedrich Krupp" fortsetzen und in Hinsicht der Güte des Gußstahls, 
sowie auch der in meiner Fabrik daraus verfertigten Waren nichts zu 
wünschen übrig lassen werde. Die Gegenstände, welche in meiner Fabrik 
angefertigt werden, sind folgende: Gußstahl in Stangen von beliebiger 
Dicke, desgleichen in gewalzten Platten, auch in Stücken, genau nackr 
Abzeichnungen oder Modellen geschmiedet, z. B. Münzstempel, Stangen, 
Spindeln, Tuchscherblätter, Walzen und dergl., wie solche nur verlangt 
und aufgegeben werden, sowie auch fertige Lohgerber-Werkzeuge. 
Gnßstahlfabrik bei Esten, im Oktober 1826. 
Witwe Therese Krupp, geb. Wilhelmi 
Wie es dem Jünglinge damals ums Herz gewesen sein mag, Zeigt 
folgende Stelle in einem später von ihm erlassenen Aufrufe an seine 
Arbeiter: „Ich stand an dem väterlichen Erbe mit wenigen Arbeitern 
in einer Reihe. Der ganze Wochenlohn für Schmiede und Schmelzer 
betrug damals l1,^ Taler. Fünfzehn Jahre lang habe ich gerade soviel 
erworben, um den Arbeitern ihren Lohn auszahlen zu können; für meine 
eigne Arbeit und meine Sorgen hatte ich nichts weiter als das Bewußt» 
fettt der Pflichterfüllung." Er, der vom siebenten Jahre sein Reitpferd 
gehabt, mußte jetzt vom frühen Morgen bis zum späten Abend, oft auch 
die Nacht hindurch, vor Amboß und Este im Schweiße seines Angesichts 
sein und seiner Angehörigen tägliches Brot erwerben. „Ich sollte" — 
so erzählt Krupp einmal — „laut Testament ftir Rechnung meiner 
Mutter den Fabrikbetrieb fortsetzen, ohne Kenntnis und Erfahrung, 
ohne Kraft, Mittel und Kredit. Von meinem 14. Jahre an hatte ich 
die Sorge eines Familienvaters und die Arbeit bei Tage, des Nachts 
Grübeln, wie die Schwierigkeiten zu überwinden wären. Bei schwerer 
Arbeit lebte ich oft bloß von Kartoffeln, Kaffee, Butter und Brot, ohne 
Fleisch, mit dem Ernste eines bedrängten Familienvaters, und 25 Jahre 
lang habe ich ausgeharrt, bis ich endlich bei allmählicher Besserung der 
Verhältnisse eine leidliche Existenz errang. Meine letzte Erinnerung aus 
der Vergangenheit ist die so lange dauernde, drohende Gefahr des Unter¬ 
gangs und die Überwindung durch Ausdauer, Entbehrung und 
Arbeit, und das ist es, was ich jedem jungen Manne zur AufmunLe.« 
rung sagen möchte, der nichts hat, der nichts ist und was werden 
will." — 
Im Jahre 1873 waren 25 Jahre verflossen, seitdem Krrlpp die 
Fabrik selbst übernommen hatte. Von seiten seiner Arbeiter war ein; 
große Feier geplant; aber Krupp, der kein Freund von festlichen Veran¬ 
staltungen war, verreiste auf unbestimmte Zeit. So blieb seinen Ange¬ 
stellten nicht anderes übrig, als das Geschenk, ein eichenes Schreibpult, 
in sein Zimmer zu stellen. Krupp gedachte indes des Tages in anderer 
Weise. Das Symbol seines arbeitsvollen Lebens war ihm jenes ein¬ 
stöckige Stammhaus, das er in pietätvoller Erinnerung an seiner Stelle 
beließ und ganz nach der ersten Einrichtung wiederherstellte. Unter ein«
	        
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