Full text: Kurzgefaßtes Lehr- und Lesebuch für kaufmännische Schulen

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redeten Geldanschlag als „Einlage" und erhält dafür nach Verein¬ 
barung eine bestimmte Anzahl Anteile, Aktien also, während die 
anderen für ihre Anteile Geld einzahlen. Braucht die Gesellschaft 
noch mehr Geld und will sie nicht noch mehr neue Aktionäre zuziehen, 
„junge Aktien" ausgeben, so macht sie Schulden. Sie wird solche 
in der Form machen, daß sie verzinsliche Obligationen, Schuldver¬ 
schreibungen, ausgibt. Unbewanderte können nun die Aktien leicht 
mit diesen verwechseln. Auch die Aktien sehen nämlich äußerlich einer 
Schuldverschreibung ähnlich, denn eine jede lautet über einen Geld¬ 
betrag, z. B. über 1000 Mark: das bedeutet aber nicht wie bei den 
Obligationen, daß der Aktionär diese 1000 Mark von irgend jemandem 
als Gläubiger zu fordern hat, sondern vielmehr nur, daß er so viel 
in Geld oder in anderen „Einlagen" für die Gesellschaft geleistet, 
daß er also so viel bares Geld eingezahlt hat oder ihm die 
Werte, die er einlegte, so hoch angerechnet morden ist. Zu fordern 
hat er, solange die Gesellschaft besteht, nur seinen Anteil an ihrem 
Gewinn, die „Dividende",und diese natürlich nur, wenn die Gesell¬ 
schaft einen Gewinn erzielt, d. h. seit Aufstellung der letzten Abrechnung, 
„Bilanz", ihr Vermögen vermehrt hat. Zm übrigen hat er einen 
verhältnismäßigen Anteil an ihrem Vermögen und erhält also, wenn 
sich die Gesellschaft auflöst, — „liquidiert" —, diesen Anteil, der mehr 
oder weniger betragen kann als jene 1000 Mark, oder auch gar nichts, 
je nachdem die Gesellschaft bis dahin Gewinn oder Verlust hatte oder 
etwa nach Abzahlung der Schulden verblieben sind. Denn wie für den 
einzelnen Geschäftsmann, wenn er sein Geschäft aufgibt, an Vermögen 
nur etwas übrig bleibt, nachdem er seine Gläubiger bezahlt hat, so 
muß auch die Gemeinschaft der Aktionäre ihre Gläubiger erst befriedigen, 
ehe sie etwas für sich selbst behält. Man nennt deshalb die Schuld¬ 
verschreibungen der Aktiengesellschaften auch „Prioritäten", d. h. vor¬ 
gehende Rechte, weil die Gewinnansprüche der Gläubiger vor den¬ 
jenigen der Aktionäre zu befriedigen sind. 
IX. Das Bankwesen. 
Die Entstehung und Entwickelung der Banken. 
Während wir ans dem Altertum nur spärliche Nachrichten über 
bankartige Einrichtungen besitzen, zu denen insbesondere auch die 
Schatzhäuser der Tempel gehörten, hat im Mittelalter Italien das 
eigentliche Bankwesen zur Ausbildung gebracht. Die Goldschmiede 
und Geldwechsler schlugen auf dem Marktplatz ihren Tisch auf, banca 
genannt, und bezeichnetensichschonim 12.Iahrhundertselbstalsdanckieri. 
') Gciviimanteil. 
Kaufmännisches Lehr- und Lesebuch. 
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