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Holzklötze von tüchtiger Stärke untergesetzt, damit die Wand nicht so leicht
herabstürzt. Auf die Steifen (Holzklötze) sind Glasscherben gelegt. Wenn
die knirschen, so wissen wir, daß die Wand sich senkt. Doch erst muß sie
schreien, ehe wir Hohlmacher uns flüchten. Das klingt dir, als wenn der
Berg zerreißen wollte und als ob der Blitz einschlüge. Morgen früh
werden die Steifen weggeschossen. Die Wand wird dann wohl stürzen." „Da
muß ich dabei sein; denn das habe ich noch nie gesehen", sagte ich. Wir
kletterten den Felsen hinan und sahen, daß auch von oben ein Spalt gemacht
war. Die Felswand, die sich am nächsten Morgen loslösen sollte, war
wohl dreißig Meter hoch, siebzehn Meter dick und fünfunddreißig
Meter breit.
Am nächsten Morgen vor sechs Uhr war ich zur Stelle und wanderte
mit Hermann dem Bruche zu. Er trug unter dem Arme im Tuche sein
Stück Brot und ein Krüglein mit schwarzem Kaffee. „Der löscht den
Durst am besten", sagte er. Alles, was im Bruche arbeitete, war zur
Stelle, auch der Besitzer, der Bruchmeister, der Königliche Aufseher aus
Wendischfähre und viele Zuschauer. Auf allen Gesichtern stand geschrieben,
daß cs sich nicht um eine Spielerei handelte. „In Gottes Namen also!"
sprach der Bruchmeister und schoß die Steifen weg. Vierundzwanzig waren
untergesetzt. Als die vierundzwanzigste weg war, ertönte ein Krachen wie
Kanonendonner; der Trompeter stieß ins Horn. „Die Wand kommt!"
schrie alles und sprang zur Seite. Ja, sie kam! Sie schlug nieder wie
ein Riese ans die Stirn, der Staub wirbelte auf wie eine Wolke, der
Erdboden zitterte. Als man wieder sehen konnte, lagen am Boden große
Blöcke, von denen mancher noch haushoch war. Alles eilte herbei.
Der Besitzer machte ein fröhliches Gesicht. Wir hörten deutlich, wie
er zum Königlichen Bruchaufseher sagte: „Gut gefallen, kein Mensch zu
Schaden gekommen, lauter Fußware (große Blöcke) und nichts in die
Elbe gerollt; wäre eine schöne Geschichte gewesen, wenn mir's gegangen
wäre wie vor 17 Jahren, wo die Wand einen Purzelbaum schlug und
in die Elbe stürzte. 22 Tage lang konnte kein Dampfschiff vorbei."
Der Königliche Bruchausseher meinte, es könnten wohl so an 17000 Fuder
sein, wenn man's mit Wagen fortfahren wollte, und es gäbe jahrelang
Arbeit, ehe alles aufgebraucht sein würde.
Mein Freund Hermann verabschiedete sich, um an die Arbeit zu
gehen. Ein Fremder trat zu mir heran und fragte, wie man denn die
Blöcke nun hinunterbrächte zum Elbstrome. „Diese Riesensteine werden
zerspellt, wohl auch zersägt. Die Steinmetzen machen gleich hier im Bruch
Würfel oder lange Vierecke zu Säulen daraus. Dann werden die fertigen
Stücke bis hierher gebracht. Die kleineren rntschen in der Rinne am Ab¬
hange hinunter zum Elbufer, die großen kommen auf die Husche, das ist
die schiefe Rutschbahn, über die sie auf einem Schlitten hinabgleiten. Unten
warten die Kähne auf Ladung und tragen die Blöcke nach Dresden, Riesa,
ja bis nach Hamburg. Wir haben früher 9000 Zentner auf unsre Zille
geladen, jetzt baut man größere Kähne, die 17000 fortschaffen. Soviel
würden ungefähr zwei Eisenbahnzüge, jeder mit 42 Wagen, fortbringen.