Full text: Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen

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§ 127 a. Der Lehrling ist der väterlichen Zucht des Lehrherrn unterworfen 
und dem Lehrherrn sowie demjenigen, welcher an Stelle des Lehrherrn die Aus- 
bildung zu leiten hat, zur Folgsamkeit und Treue, zu Fleiß und anständigem Be¬ 
tragen verpflichtet. 
Übermäßige und unanständige Züchtigungen sowie jede die Gesundheit des 
Lehrlings gefährdende Behandlung sind verboten. 
§ 127 b. Das Lehrverhältnis kann, wenn eine längere Frist nicht vereinbart 
ist, während der ersten vier Wochen nach Beginn der Lehrzeit durch einseitigen 
Rücktritt aufgelöst werden. Eine Vereinbarung, wonach diese Probezeit mehr als 
drei Monate betragen soll, ist nichtig. 
Nach Ablauf der Probezeit kann der Lehrling vor Beendigung der verab¬ 
redeten Lehrzeit entlassen werde», wenn einer der im 8 123 vorgesehenen Fälle 
aus ihn Anwendung findet, oder wenn er die ihm im § 127 a auferlegten Pflichten 
wiederholt verletzt oder den Besuch der Fortbildungs- oder Fachschule vernachlässigt. 
Von seiten des Lehrlings kann das Lehrverhältnis nach Ablauf der Probe¬ 
zeit aufgelöst werden, wenn: 
1. einer der im § 124 unter Nr. 1, 3 bis 5 vorgesehenen Fälle vorliegt; 
2. der Lehrherr seine gesetzlichen Verpflichtungen gegen den Lehrling in 
einer die Gesundheit, die Sittlichkeit oder die Ausbildung des Lehrlings 
gefährdenden Weise vernachlässigt, oder das Recht der väterlichen Zucht 
mißbraucht, oder zur Erfüllung der ihnl vertragsmäßig obliegenden Ver- 
pflichtungen unfähig wird. 
§ 127o. Bei Beendigung des Lehrverhältnisses hat der Lehrherr dem Lehr¬ 
ling unter Angabe des Gewerbes, in welchem der Lehrling unterwiesen worden 
ist, über die Dauer der Lehrzeit und die während derselben erworbenen Kenntnisse 
und Fertigkeiten, sowie über sein Betragen ein Zeugnis auszustellen, welches von 
der Gemeindebehörde kosten- und stcmpelfrei zu beglaubigen ist. 
An Stelle dieser Zeugnisse treten, wo Innungen oder andere Vertretungen 
der Gewerbetreibenden bestehen, die von diesen ausgestellten Lehrbriefe. 
8 129. In Handwerksbetrieben steht die Befugnis zur Anleitung von Lehr¬ 
lingen nur denjenigen Personen zu, welche das vierundzwanzigste Lebensjahr 
vollendet haben und in dem Gewerbe oder in denr Zweige des Gewerbes, in 
welchem die Anleitung der Lehrlinge erfolgen soll, 
entweder die von der Handwerkskarnmer vorgeschriebene Lehrzeit oder solange 
die Handwerkskammer eine Vorschrift über die Dauer der Lehrzeit nickt 
erlassen hat, mindestens eine dreijährige Lehrzeit zurückgelegt und die 
Gesellenprüfung bestanden haben, 
oder fünf Jahre hindurch persönlich das Handwerk selbständig ausgeübt haben 
oder als Werkmeister oder in ähnlicher Stellung tätig gewesen sind. 
8 130a. Die Lehrzeit soll in der Regel drei Jahre dauern, sie darf den 
Zeitraum von vier Jahren nicht übersteigen. 
8 131. Den Lehrlingen ist Gelegenheit zu geben, sich nach Ablauf der 
Lehrzeit der Gesellenprüfung (8 129 Absatz 1) zu unterziehen. 
8 131b. Die Prüfung hat den Nachweis zu erbringen, daß der Lehrlinq 
die in seinem Gewerbe gebräuchlichen Handgriffe und Fertigkeiten mit genügender 
Sicherheit ausübt und sowohl über den Wert, die Beschaffung, Aufbewahrung und 
Behandlung der zu verarbeitenden Rohmaterialien, als auch über die Kennzeichen 
ihrer guten oder schlechten Beschaffenheit unterrichtet ist. 
IV. Verhältnisse der Fabrikarbeiter. 
8 134. Auf Fabrikarbeiter finden die Bestimmungen der 88 121 bis 125 
oder, wenn die Fabrikarbeiter als Lehrlinge anzusehen sind, die Bestimmungen 
der 88 126 bis 128 Anwendung. 
8 134 a. Für jede Fabrik, in welcher in der Regel mindestens zwanzig 
Arbeiter beschäftigt werden, ist innerhalb vier Wochen nach Inkrafttreten dieses 
Gesetzes oder nach der Eröffnung des Betriebes eine Arbeitsordnung zu erlassen. 
Für die einzelnen Abteilungen des Betriebes oder für die einzelnen Gruppen der
	        
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