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indirekt und werden nach dem Dre ikla ss e n-Wa hlspstem voll¬
zogen. Die Wähler des Wahlbezirks, Urwähler genannt, werden
nach ihren direkten Staats- und Gemeindesteuern in drei Klassen
geteilt und zwar so, daß auf jede Klasse Vg der Gesamtsumme dieser
Steuern entfällt. Zur ersten Klasse gehören die Höchstbesteuerten, zur
dritten die Niedrigstbesteuerten des Wahlbezirks, zu jener demnach
wenige, zu dieser sehr viele Urwähler; demnach wählt jede der 3 Klassen
die gleiche Zahl der Wahlmänner, und diese Wahlmänner wählen
dann den Abgeordneten. Urwähler ist jeder Preuße, der das
24. Lebensjahr zurückgelegt hat, die bürgerlichen Ehrenrechte besitzt und
keine Armenunterstützung erhält. Wählbar ist jeder Preuße, der das
30. Lebensjahr vollendet hat und ein Jahr preußischer Staatsbürger
ist. Die Wahl erfolgt öffentlich durch Namensnennung und gilt
für 5 Jahre. —
Die Sitzungen beider Kammern sind öffentlich, Nachdem ein
Gesetzentwurf in beiden Kammern die Mehrheit erhalten hat, wird
die Genehmigung des Königs eingeholt, dem aber das Recht zusteht,
sie zu versagen; erst durch die von ihnr vollzogene Unterschrift und die
dann erfolgende Veröffentlichuug in der preußischen Gesetzsammlung
wird das Gesetz rechtskräftig.
0. Von den Rechten und Pflichten der Preußen.
Die preußische Verfassung gewährleistet den Staatsbürgern eine
Reihe von Rechten, Grundrechte genannt, die jedem als Bürger im
Staate und in der Gemeinde zustehen. Diese Rechte gewähren dem
einzelnen für seine persönliche Freiheit und sein Vermögen den not¬
wendigen Schutz und geben Anspruch darauf, daß der Bürger in
seiner geistigen und leiblichen Wohlfahrt durch die staatlichen Ein¬
richtungen gefördert wird. Die hauptsächlichsten dieser Rechte sind:
1. Die Gleichheit vor dem Gesetz. Alle Standesvorrechte
sind also aufgehoben.
2. Die Gewährleistung der bürgerlichen Freiheit. Die
Verhaftung eines Menschen darf nur auf richterlichen Befehl erfolgen-
laußer wenn jemand bei Begehung eines Verbrechens ertappt wird)'
3. Die Unverletzlichkeit der Wohnung. Jedes rechtswidrige
Eindringen in die Wohnung wird als Hausfriedensbruch bestraft.
4. Die Unverletzlichkeit des Briefgeheimnisses. Die der
Post anvertrauten, verschlossenen Briefe und Urkunden dürfen
unbefugter Weise nicht geöffnet werden.