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einst auf den Zirbelbäumen Sibiriens sein Wesen trieb, hat sich ge¬
bettet neben ein Goldblattstäubchen, das aus dem Inneren Afrikas
oder aus Kalifornien herstammt.
Auch lebendige Keime werden im Staube nicht gänzlich fehlen.
Werden ja selbst ansehnlich schwere Samen größerer Gewächse
von der Luft ziemlich weit fortgetragen, warum sollten nicht auch
die mikroskopisch kleinen und leichten Fortpflanzungszellen von
Pilzen, Algen, Moosen und Flechten eine solche Reise mitmachen
können? Hiedurch erklärt sich auch leicht das Auftreten des Schim¬
mels im verschlossenen Speiseschrank, im Tintenfaß und an den
Wänden. Weiß man ja doch, daß der Blütenstaub von blühenden
Kiefern mitunter in solcher Menge aus der Luft niedergefallen ist,
daß man geglaubt hat, es habe Schwefel vom Himmel geregnet.
Ebenso hat man mit Sicherheit nachgewiesen, daß der Staub mit
den regelmäßig wehenden Winden Reisen um die halbe Erde herum
macht, von Südamerika bis nach Europa. Neuerdings hat man eigens
ein Instrument erfunden um den Staub in der Luft zu untersuchen.
Ein berühmter Naturforscher, Ehrenberg, hat ein dickes Buch über
jenen Staub geschrieben, der gelegentlich in ansehnlichen Mengen
aus der Luft herabfällt und in welchem u. a. Teilchen von kleinen
Pflanzen sowie Reste von Schalen sogenannter Infusorien erkannt
worden sind.
Da, wo der Staub in größeren Mengen vorhanden ist, wie z. B.
vom Mehl in den Mühlen, vom Eisen oder anderen Metallen in
Schleifereien, wird er auch für die Gesundheit gefährlicher, als es
der Staub im Wohnzimmer ist. Besonders zu vermeiden hat man den
Staub giftiger Farben und deshalb sollte man zu Vorhängen und
Tapeten besser solche Stoffe wählen, deren Farbe unschädlich ist.
Der Staub zeigt häufig unter dem Vergrößerungsglase sehr
scharfe Ecken und Kanten; er zerschneidet, langsam zwar, aber sicher,
unsere Vorhänge, Möbel, Betten und Kleider. Je sorgfältiger also
die Hausfrau durch Klopfen, Bürsten und Wischen den Staub ent¬
fernt, desto mehr werden die Sachen geschont, desto länger halten
sie. Wer seine Kleider nicht täglich gehörig ausbürstet, wer
die bestaubten Sonntagskleider in den Schrank hängt und sie
erst am nächsten Sonntag reinigt, ist ein törichter Mensch und arger
Verschwender, der sein Geld wegwirft.
Ein Sprichwort der Engländer sagt: „Reinlichkeit ist das nächste
nach der Gottseligkeit!“ Sie haben ganz recht damit; denn Un¬
reinlichkeit ist ein langsamer Selbstmord.
Nach Hermann Wagner.