Full text: Lesebuch für die Sonntagschulen der Pfalz

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spielen und zwar bediente sie sich dabei einer sonderbaren Trist. 
Sie hatte bemerkt, daß er das Geld, das einmal auf dem Tische 
aufgezählt war, wenn es eine Zeitlang gelegen hatte, nicht wieder 
nachzählte, ehe er es aufhob; sie bestrich daher den Boden eines 
Leuchters mit Talg und setzte ihn in einem Schein von Ungeschick¬ 
lichkeit auf die Stelle, wo die Dukaten lugen, eine Geldsorte, der er 
eine besondere Freundschaft gewidmet hatte. Sie erhaschte ein» Stück 
und nebenbei einige kleine Münzsorten und war mit ihrem ersten 
Fischfänge wohlzufrieden. Sie wiederholte den Versuch mehrmalsr 
und ob sie sich gleich über ein solches Mittel zu einem guten Zivecke 
ein Gewissen machte, so suchte sie sich doch — seltsamerweise — 
dadurch. zu beruhigen, daß diese Art von Entwendung für keinen 
Diebstahl angesehen werden könne, weil sie das Geld nicht mit den 
Händen weggenommen habe. So vermehrte sich nach und nach ihr 
heimlicher Schatz und zwar um desto reichlicher, als sie alles, ivas 
bei der inneren Wirtschaft von barem Gelde ihr in die Hände floß, 
auf das strengste zusammenhielt. 
Schon war sie beinahe ein ganzes Jahr ihrem Plane treu ge¬ 
blieben und hatte unterdessen ihren Mann sorgfältig beobachtet ohne 
eine Veränderung in seinem heiteren Wesen zu spüren, bis er end¬ 
lich einmal höchst übler Laune ward. Sie suchte ihm die Ursache 
seiner Verstimmung abzulauschen und erfuhr bald, daß ei' in 
großer Verlegenheit sei. Es hätten ihm nach der letzten Zahlung, 
die er an den Lieferanten getan, seine Pachtgelder übrigbleiben 
sollen, sie fehlten aber nicht allein völlig, sondern er habe sogar die 
Leide nicht ganz befriedigen können. Da er alles im Kopfe rechne 
und wenig aufschreibe, so könne er nicht nachkommen, wo ein 
solcher Verstoß herrühre. 
Margarete schilderte ihm darau f seine Gleichgültigkeit, die Art, 
ivie er einnehme und ausgebe, den Mangel an Aufmerksamkeit; selbst 
seine gutmütige Freigebigkeit kam mit in Anschlug und freilich 
ließen ihn die Folgen seiner Handlungsweise, die ihn so sehr 
drückten, keine Entschuldigung aufbringen. 
Margarete konnte ihren Gatten nicht lange in dieser Verlegen¬ 
heit lassen, um so weniger, als es ihr so sehr zur Ehre gereichte 
ihn wieder glücklich zu machen. Sie setzte ihn in Verwunderung, 
als sie zu seinem Geburtstage, der eben eintrat und an dem sie 
ihn sonst mit etwas Brauchbarem anzubinden jiflegte, mit einem 
Körbchen voll Geldrollen ankam. Die verschiedenen Münzsorten 
cnaren besonders gepackt und der Inhalt jedes Röllchens war mit
	        
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