Full text: Die Geschichte der Völker (Abth. 2)

102 Deutschland. 
bei dem geringsten Vorfalle als etwas Edles und Rit¬ 
terliches pries und selbst in Gedichten besang. 
Bei der großen Anzahl solcher Ritter war Deutsch¬ 
land aber unaufhörlich in Befehdungen und Blutver¬ 
gießen begriffen, und es mußte auf Mittel gedacht 
werden, dem Uebel abzuhelfen. Zur Handhabung der 
Gewalt konnten sich die großen Fürsten lange nicht ent¬ 
schließen. Sie hätten vereinigt gegen die Vereinigung 
aller dieser Ritter marschiren müssen, denn unstreitig 
würden diese sich zur Erhaltung ihres Rechtes verbunden 
haben, und der Widerstand würde bedeutend gewesen 
seyn. Es blieb daher lange Zeit bei bloßen Verord¬ 
nungen, Verboten und Einschränkungen, welche die Kai¬ 
ser nach Verabredung mit den großen Reichsfürsten er¬ 
gehen ließen, die aber niemals befolgt wurden. 
Zuerst suchte die Geistlichkeit diesem Unwesen da¬ 
durch Einhalt zu thun, daß sie Beschränkungen vor¬ 
schrieb. Sie schrieb als göttliches Gebot vor, daß sol¬ 
che Befehdungen nur zwischen den Morgen der Mon¬ 
tage und den Abenden der Mittwochen vorgenommen 
werden durften. Vom Donnerstag bis zu den Abenden 
der Sonntage mußten die Waffen ruhen. Man nannte 
diese Vorschrift den Gottesfrieden oder die T r e u g a. 
Zhr wurde späterhin noch die Verordnung wegen des 
Absage-Briefes beigefügt. Man durfte nun ein¬ 
ander nicht mehr unvorbereitet überfallen, sondern man 
mußte drei Tage vor dem Ueberfalle melden, daß man 
sich für beleidigt halte und sein Recht mit bewaffneter 
Hand suchen werde. Nur dann war dieses erlaubt, 
wenn innerhalb dieser drei Tage die Aussöhnung nicht 
erfolgte. Auch wurden die Fehden an gewissen anderen 
Tagen und Zeiten, z. B. in der Fastenzeit, untersagt. 
Ein zweites Mittel gegen solche Gewaltthätigkeiten 
der Ritter waren die Bündnisse, welche einzelne Städte 
mit einander schlossen. Alle Städte waren damals be-
	        
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