Italien.
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7. Neapel und Sicilien.
In diesen beiden Ländern befanden sich zur Zeit
Karls des Großen noch kleine Disiricte, die von Con-
stantinopel aus regiert wurden, und andere, welche die
Araber sich zugeeignet hatten. Sicilien insbesondere
gehörte beinahe vollständig den Arabern. Die Kaiser
in Constantinopel blieben fortwährend der Meinung,
daß Italien und also auch Neapel und Sicilien eigent¬
lich ihnen gehöre; die Könige in Deutschland aber
hatten als römische Kaiser die Ueberzeugung gewonnen,
daß Italien und also auch Neapel und Sicilien dem
weströmischen Kaiserthume angehörig seyen. Ein Zufall
entschied endlich seit dem zehnten Jahrhunderte auf eine
Zeitlang für den Besitz einer dritten regierenden Familie.
Einige Ritter aus der Normandie in Frankreich
waren nach damaliger Sitte zu dem Monte Gargano im
Neapolitanischen gewallfahrtet, wo man den Erzengel
Michael verehrte, und waren, durch die Annehmlichkeiten
des Landes bewogen, dort wohnen geblieben. Ihrem
Beispiele folgten nach und nach mehrere, und so nament¬
lich auch ein Graf Tancred von Hauteville mit
zehn seiner Söhne. Diese ließen sich seit 1035 in
Unteritalien nieder. Sie nahmen Antheil an krieger¬
ischen Auftritten, welche sich daselbst zwischen Griechen
und Arabern ereigneten, und wurden dadurch Besitzer
und Regenten von einzelnen Districten. Einer von
diesen Söhnen, Robert Guiscard, legte es auf
die Eroberung von ganz Neapel an; sein Unternehmen
gelang, und der Papst fand gerathen, ihn als Herzog
von Apulien und Calabrien anzuerkennen, wenn er diese
Länder als Lehen des päpstlichen Stuhles ansehen wolle.
Robert bewilligte dieses und wurde nun von dem Papste
' Nicolaus II. i. I. 1060 mit diesem Lande und sogar
mit dem künftig noch zu erobernden Sicilien belehnt.