Full text: [Kl. 3 = (Oberkl.) 6. u. 7. Schulj] (Kl. 3 = (Oberkl.) 6. u. 7. Schulj)

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so eben angeführten Beispiele sind zwei Begriffe enthalten, von 
denen wir sagten, daß einer zum andern gehöre. 
Sagen wir: „Der Diamant ist ein Edelstein," so zeigen wir, 
daß die beiden Begriffe — Diamant und Edelstein — zusammen 
gehören, wie wir sie auch mit einander verbunden haben; sagten 
wir aber: „Das Eis ist warm," dann würden wir zwei Begriffe. 
mit einander verbinden, die nicht zusammengehören, und wir hät¬ 
ten in diesem Falle falsch geurteilt. In einem Urteile wird also 
bestimmt, ob zwei Begriffe zu einander gehören, oder nicht, oder 
was dasselbe ist, in welchem Verhältnisse sie zu einander stehen. 
Das Vermögen der Seele, Urteile zu bilden, wird Ur¬ 
teilskraft genannt. Es gibt verschiedene Arten von Urtei¬ 
len und zwar: 1) bejahende und verneinende. Wenn durch 
ein Urteil ausgesagt wird, daß sich die in demselben enthaltenen 
Begriffe als vereiniget denken lassen, so ist es bejahend, im Gegen¬ 
teile verneinend. Z. B. der Knabe schreibt. Die Morgenzeit hat 
großen Wert. Die Frühlingstage sind angenehm. Dies sind 
bejahende Urteile. Dagegen sind solche verneinend, als: Der 
Mond hat kein eigenes Licht. Das Gold ist nicht spröde. Der 
Apfelbaum blüht nicht; 2) einzelne, besondere und allge¬ 
meine. In einem einzelnen Urteile wird nur von einer Sache 
etwas ausgesagt, wie: München hat herrliche Paläste. Der Rhein 
entspringt am Gotthard in der Schweiz. Der Honig ist süß. 
In den besondern Urteilen wird mehreren Dingen von gleicher 
Art entweder etwas zugeeignet oder abgesprochen, z. B. Manche 
Blumen welken bald. Viele Berge sind kahl. EinigeLandstriche find 
wasserreich. — Allgemeine Urteile geben an, daß ein Begriff mit 
allen Gegenständen einer Gattung vereinbar sei oder nicht; z. B- 
Alle Körper haben Zwischenräume. Die Farrenkräuter blühen nicht. 
Die Flüsse strömen in das Meer. Jedes lebende Geschöpf bedarf der 
Nahrung u. s. w. Durch manches Urteil wird etwas ausgedrückt, 
was unter gewissen Umständen sein oder geschehen kann. z. B. All¬ 
zu anstrengende Arbeiten können dem Menschen schädlich werden. 
Die Birne kann rund und länglich sein. Ein Morgen Ackerland 
kann an einem Tage beackert werden. Der Mensch bedarf der 
Kleidung. Zum Schmieden braucht man warmes Eisen. Man 
pflegt die ersteren zweifelhaft, die letztern aber notwen¬ 
dige Urteile zu nennen. 
Es gibt Urteile, welche aus zwei Sätzen bestehen, so daß 
einer ohne den andern nicht verstanden werden kann. Es ge¬ 
hören sonach beide wesentlich zusammen. Der erste enthält die 
Bedingung und der zweite die Folge. Derlei Sätze bilden ein 
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