Full text: [Kl. 3 = (Oberkl.) 6. u. 7. Schulj] (Kl. 3 = (Oberkl.) 6. u. 7. Schulj)

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satt, so läßt er sich am Stamm Herunterrutschen, oder er 
nimmt den Kopf zwischen die Beine und fällt wie ein zottiger 
Sack herab. Man hat schon Beispiele, daß er Kindern, die 
im Walde Erdbeeren sammelten, die Körbe ausleerte, ohne ihnen 
etwas zu leide zu thun. Auch liebt er den Honig sehr. Die 
Ameisenhaufen scharrt er auf, um sich an dem daraus hervor¬ 
gehenden Geruch zu laben. 
Der Bär ist em grimmiges und zugleich verwegenes Raub¬ 
tier und richtet oft großen Schaden an. Mutig greift er eine 
Herde weidender Kühe an und jagt sie so lange herum, bis 
er eine entweder ergreifen kanv, oder in einen Abgrund jagt, 
wo er sie dann verzehrt. Auch schleicht er sich bei nebeliger 
Witterung an eine Herde heran und springt dann unversehens 
einer Kuh von hinten auf den Rücken, schlägt seine Klauen tief 
ein und beißt das Tier in den Hals, bis es endlich verblutet 
und entkräftet von der Last niederstürzt. Von vorn greift er 
eine Kuh nicht an, da er ihre Hörner fürchtet, und mutige 
Pferde halten ihn oft durch Beißen und Schlagen von sich 
ab. Alles Geflügel ist für ihn eine angenehme.Speise. 
Den Menschen fällt der Bär ungereizt nicht an; ist er 
aber verwundet, so geht er aufgerichtet und brummend auf 
seinen Gegner los und ist dann sehr gefährlich. Er schlägt 
hierauf mit seinen Tatzen, in welchen er eine außerordentliche 
Kraft besitzt, links und rechts um sich und erdrückt auch wohl 
seinen Gegner in gewaltiger Umarmung. Jnl Kampfe mit den 
Wölfen soll er ziemlich starke Bäume zerbrechen, um sich mit 
Knütteln gegen diese seine Feinde zu wehren. 
Die jungen Bären sind kleine, dicke Fettklumpen und stock- 
blmd, wenn sie zur Welt kommen; die Bärin beleckt sie aber 
beständig mit ihrer glatten Zunge und wälzt sie mit der Tatze 
M und her. Schnell wachsen sie groß und gleichen dann 
vollkommen den Alten. Wie sorgfältig auch seine Erziehung 
sem mag, der Bär bleibt immer gefräßig und räuberisch, und 
sem dumpfes, mürrisches Brüten erwächst zur blinden Wut, 
wenn er nicht erreicht, wonach sein Streben geht. 
. .Naht der Winter und stäubt der Schnee in den Wald, so 
Ichreitet der Bär seiner Höhle zu, macht sich ein Lager mit 
Gesträuch und Moos zurecht, legt sich ruhig hin, knurrt noch 
me und da ein wenig und hält dann die Tatzen vors Maul. 
trinkt nicht, frißt nicht und zehrt — wie ein Rentner, dem 
Zinsen ausbleiben, vom Kapital, — so von dem Fette, 
oas er im Sommer hindurch angelegt hat. Im Frühjahre
	        
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