46 —
allein kannst du dich nicht durch den Wald finden. Am Abend kamen
sie an ein Haus, und der Hauswirt nahm sie freundlich auf, speiste
und herbergte sie aufs beste, denn, sagte er, ich feiere heut einen frohen
Tag. Mein Feind hat sich mit mir versöhnt und mir zur Bekräftigung
unserer Freundschaft einen schönen, goldenen Becher geschenkt. Am
Morgen wünschten sie ihm einen Gotteslohn für seine Barmherzigkeit;
der Einsiedler aber sah, wie sein Begleiter heimlich den goldenen Becher
aus dem Schranke zog und in sein Bündel schob und ihn mitnahm,
als sie weiter gingen. Der Einsiedler wollte böse werden, der Begleiter
aber sprach: Schweig'! so sind die Wege Gottes! Darauf kamen sie
wieder in ein Haus, der Hauswirt aber war ein Geizhals, fluchte und
schimpfte über die ungebetenen Gäste und that ihnen ällen Spoͤtt und
alles Leid an. Da müssen wir fort, sagte der Begleiter, und den
Staub von unsern Füßen schütteln; ehe sie aber gingen, schenkte er
dem Hauswirt, der nicht wußte, wie ihm geschah, den schönen, goldenen
Becher. Was machst du da? fuhr der Einsiedler auf, der andere aber
legte den Finger auf den Mund und sprach: Schweig'! so sind die
Wege Gottes! Am Abend kamen sie wieder zu einem Mann, der war
sehr gut, aber sehr traurig. Mit all seiner Arbeit, sagte er, könne er's
doch nicht vorwärts bringen, — das Unglück verfolge ihn, ein Stück
ums andere von seinem Eigentum müsse er verkaufen, und jetzt habe
er nichts mehr, als seine baufällige Hütte mit ihren leeren Wänden.
Gott wird helfen, sagte der Begleiter; vor dem Weggehen aber ergriff
er ein Licht und zündete ihm das Haus über dem Kopf an. Halt!
schrie der Einsiedler und wollte ihm in die Arme fallen, der aber sprach:
Schweig'! so sind die Wege Gottes! Am Abend des dritten Tages
kamen sie zu einem Manne, der nahm sie gut auf, war aber sehr finster
und in sich gekehrt, nur mit seinem kleinen Söhnlein war er sehr
freundlich; denn es war sein einziges Kind, und er hatte es sehr lieb,
und dem Einsiedler gefiel das sehr wohl an dem Manne. Als sie am
Morgen weggingen, sagte der Mann: Ich kann euch nicht begleiten,
mein Söhnlein wird euch den Weg zeigen bis an den Steg, der über
das Wasser führt; aber gebt mir acht auf das Kind, daß es keinen
Schaden nimmt. — Gott wird's behüten, sagte der Begleiter und gab
dem Manne die Hand. Als sie an den schmalen Steg gekommen
waren, unter dem das Wasser rauschte, wollte das Söhnlein wieder un—
kehren; der Begleiter aber sagte: Geh' nur voran! Darauf als sie
die Mitte des Steges gekommen waren, faßte er das Kind im Genich
hob es hoch in die Höhe und schleuderte es hinab in den Strom
Jetzt verging dem Einsiedler Hören und Sehen. Du heuchlerischer
Teufel, schrie er, da will ich lieber im wilden Walde verschmachten
oder von den reißenden Tieren mich verzehren lassen, als noch einen
Schritt mit dir gehen. Das sind die Wege Gottes, die du mir zeigen
willst? Das lügst du und sollst mit deiner Lüge in die Hölle fahren!
Aber im Augenblicke verwandelte sich der Begleiter in einen Engeh
ein himmlischer Glanz umstrahlte ihn, und er sprach: Höre, Johannes!
Der Becher, den ich dem freundlichen Manne nahm, war vergiftet, der
Geizhals aber wird sich zum Lohn seiner Sünden den Tod daraus