Full text: Kurze Darstellung der deutschen Geschichte für Volksschulen

130 H. Ztr. Das Mittelalter. Don 768 — 1517. 
Sigismund brachte wirklich im I.1414 die Kirche «Ver¬ 
sammlung in Kostnitz zu Stande. Es war eine glan¬ 
zende Versammlung: 346 Kardinäle, Erzbischöfe und Bi¬ 
schöfe, 564 Prälaten und Lehrer und über 1600 Fürsten, 
Herren, Grafen und Ritter. Von den drei Päpsten war 
nur Johann XXIII. zugegen; er hoffte durch seine Italie¬ 
ner, welche die zahlreichsten in der Versammlung waren, 
den Sieg über die beiden andern Päpste zu gewinnen. Al¬ 
lein das Concilium hatte beschlossen, daß aste drei Päpste 
ihre Krone niederlegen müßten, damit eine ganz neue Ord¬ 
nung anfangen könnte; und Johann, weil er zugegen war, 
sollte die Abdankungsurkunde zuerst unterschreiben. Er 
that es, weil er in der Gewalt der Versammlung war; 
allein in seinem Herzen hatte er schon beschlossen, das Aeu- 
ßcrste zu versuchen, um seine Gewalt dennoch zu behaup¬ 
ten. Am folgenden Tage benutzte er den Tumult eines 
großen Turnieres, auf welches Aller Aufmerksamkeit ge¬ 
richtet war, und entfloh aus Kostnitz nach Schafhauscn 
in das Gebiet seines Freundes, des Herzogs Friedrich 
von O e st r e i ch. Dieser, so wie die italienischen Geistli¬ 
chen, folgten ihm in der nächsten Nacht. Aber das Conci¬ 
lium zeigte bei dieser Gelegenheit seinen ganzen Ernst, er¬ 
klärte die Absetzung des Papstes für unwiderruflich und 
belegte die mit ihm Entwichenen mit dem Banne, so wie 
auch' der Kaiser die Neichsacht gegen den Herzog von Oest¬ 
reich aussprach. Durch diese Einigkeit der geistlichen und 
weltlichen Macht wurde der Widerstand schnell überwunden. 
Johann XXIII. mußte stch unterwerfen, weit der Herzog 
Friedrich sich kaum selbst retten konnte, und dieser verlor 
durch die Acht alle seine Länder im Schweizer Gebiet, wel¬ 
che die Schweizer auf des Kaisers Geheiß - weggenommen 
Hütten; die im Reiche belegenen Erbgüter aber bekam er 
nachher durch Begnadigung vom Kaiser wieder. 
Der zweite Pa^st, Gregor XU. war ein friedlieben¬ 
der Mann und erklärte gleich Anfangs, daß er seine Wür¬ 
de niederlegen werde, wenn der Friede der Kirche es fo¬ 
dere; er that es 1415 und wurde Kardinal-Bischof von 
Porto. Der dritte aber, Benedict Xlll. war desto hart¬ 
näckiger und wollte von keinem Nachgeben hören, obgleich 
Kaiser Sigismund selbst deshalb nach Spanien reiste; bis 
endlich der König von Aragvnien ihm seinen Schutz entzog. 
Nun konnte der päpstliche Stuhl wieder besetzt wer¬ 
den. Aber es war- noch eine andere große Aufgabe für 
das Concilium nbrig, nemlich über eine allgemeine 
Kirchen Verbesserung zu rathschlagen, die, wie wir 
schon oben gesehen haben, von vielen Seiten dringend ge-
	        
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