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Vierter Zeitraum.
17 Nov. 375), dem Präfectus Prätorio. Valentinian
nahm seinen Bruder Valens zum Mitregenten an (364 —
378), und theilte das Reich so mit ihm, daß er demsel¬
ben den Osten überließ, sich selbst aber die Abend¬
länder vorbehielt. — Valenti n i ans Regierung zeich¬
nete sich durch das System der Duldung in Hinsicht der
verschiedenen religiösen Partheien aus. Bereits im Jahre
367 ernannte er seinen achtjährigen Sohn Gratian zum
Augustus; seine Regierungstage aber waren die Zeit eines
beständig fortgesetzten Kampfes gegen die andringenden
fremden Völker. Die Teutschen hatten sich von den Nie¬
derlagen, welche ihnen Julian beigebracht hatte, wieder
erhohlt; Alemannen, Franken, Burgunder und
Sachsen beunruhigten die Grenzen der westlichen Provin¬
zen. Zwar schlug sie Valentinian zurück; er starb aber
plötzlich in Pannonien.
253.
V ö l k e r w a n d e r u n g.
Unterdessen ward sein Bruder Valens im Morgen-
lande in kirchliche Streitigkeiten und in blutige Kriege ver¬
wickelt. Die ersten entstanden aus dem Uebertritte des Va¬
lens zum arianischen Lehrbegriffe; die zweiten erfolgten
nach dem Aufbruche der mächtigen Hunnen nach Europa.
Man rechnet gewöhnlich die sogenannte große Völker¬
wanderung von diesem Aufbruche (375); man darf aber
nicht vergessen, daß ein Wandern der nomadischen
Horden in den asiatischen Steppenländern bis
in die ältesten Zeiten der Geschichte hinaufreicht, und daß
ihre Züge von den frühesten Zeiten an von Osten nach
Westen gehen. Die östlicher wohnenden Stämme warfen
sich auf die an die Grenzflüsse, welche Europa und Asien
trennen, bereits vorgerückten Völkerschaften, und nöthigten
diese, über die Grenzflüsse zu gehen, und in Europa vor¬
wärts zu dringen. So erhielt das mittlere und nördliche
Europa schon frühzeitig Bewohner, die endlich von den
nachfolgenden Horden, bei beständig fortgesetzten Zügen, in