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Vierter Zeitraum. 
Schon seit dem Jahre 350 hatten sich die Gothen in 
Dacien niedergelassen, nachdem sie ihre ersten Wohnsitze an 
der Ostsee und in der Nahe der Oder und der Weichsel ver¬ 
ließen, und sich südlicher in die Gegenden am schwarzen Meere 
zogen. Mehrere andere Stamme vermischten sich und ver¬ 
schmolzen mit ihnen, und ihr mächtiges, vom Erman arik 
gestiftetes, Reich reichte vom Don bis hinauf in den Norden, 
wo es mehrere slavische, si'nnische und lettische Stamme in 
seinen Grenzlinien umschloß. Bereits 367 zerfiel daS Go- 
theureich in zwei Theile, in das Reich der Ostgothen 
am schwarzen Meere, und in das Reich der Westg othen 
in Dacien. 
Nicht lange aber sollte die Macht der Gothen in diesen 
von ihnen besetzten Gegenden bestehen. Der erste Sturm 
der Hunnen und Alanen bei ihrem Vorwärtsbringen 
traf die Ostgothen. Ihr Anführer und König Erma¬ 
narik stürzte in sein eignes Schwert, und sein Volk zog 
an den Dniester, an die Grenze der Westg othen. Allein 
auch diese vermochten den Uebergang der Hunnen über diesen 
Fluß nicht zu verhindern, und baten deshalb den Kaiser 
Valens um Aufnahme in das byzantinische Reich, so wie 
schon unter C o n st a n t i n die V a n d a le n in P a nn o n i en 
aufgenommen worden waren. Sie versprachen, wenn man 
ihnen den Uebergang über die Donau und die Niederlassung 
im römischen Reiche bewilligen würde, getreue Unterthanen 
und gute arianische Christen zu seyn. In Byzanz betrach¬ 
tete man die Westgothen als die beste Schutzmauer gegen 
die barbarischen Horden, die bei ihrem Vorwärtsbringen 
das römische Reich bedrohten. Durch Ulfilas, den Zög¬ 
ling byzantinischer Kultur, ward damals den Gothen die 
christliche Lehre nach dem arianischen Begriffe verkündigt. 
Man erlaubte ihnen den Uebergang über die Donau ohne 
Waffen; 200,000 streitbare Männer, mit ihren Weibern 
und Kindern, vollendeten ihn aber mit den Waffen. Ihr 
ungeheures Feldlager in Mosten erregte in Byzanz Besorg¬ 
nisse; noch mehr aber fühlte man das Gefährliche der ge¬ 
wählten Maasregel, als die Ostgothen, in Verbindung
	        
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