Full text: Die Geschichte Württembergs

§ 46. Herzog Karl. Seine Reg. bis zum Erbvergleich Die Wirtbschast Riegers zc. 161 
verdienen: — Rieger und Montmartin. Zu diesen gehört noch als 
„Dritter im Bunde" Wittleder. 
Philipp Friedrich Rieger, der Sohn des Dekans Georg Konrad 
Rieger in Stuttgart, war imJahr 1756 aus preußischem in den württembergischen 
Kriegsdienst getreten. Er war ein Mann von großen Talenten und vielen 
Kenntnissen, voll Witz und Gewandtheit im Umgang, aber jedes Rechtsgefühls 
bar. Stolz, alles Recht und alle Verträge verachtend, erfahren in den Künsten 
der Schmeichelei war er vorzüglich zu einem Werkzeug der Willkürherrschaft ge- 
schaffen. — Im Jahr 1753 hatte der Herzog mit Frankreich einen Subsidien- 
vertrag abgeschlossen, nach welchem 6000 Mann württembergischer Truppen 
in französischen Sold kamen. Als nun drei Jahre später der siebenjährige 
Krieg (1756 —1763) ausbrach und Frankreich mit Oesterreich gegen Preußen 
kämpfte, sollte Württemberg die vertragsmäßige Truppenzahl stellen. Man 
hatte aber nur 2000 Mann; zudem fehlte es an Ausrüstungen und an Geld. 
Da trat Rieger auf und erhielt vom Herzog unumschränkte Vollmacht zur Auf- 
stellung der Truppen. Das fürstliche Versprechen, daß jeder Unterthan bloß 
durch ordentliche Werbung und freiwillig zum Kriegsdienst beigezogen werden 
könne, war damit gebrochen. Rieger nahm alle Jünglinge von 18 Jahren an, 
vom Pflug, aus der Werkstätte, Nachts aus den Betten, Sonntags aus der 
Kirche; den Witwen wurden die einzigen Söhne entrissen. Beamte, die nicht 
mithalfen, wurden mit den schwersten Strafen bedroht. Bald war die Schar 
beisammen. Aber waS für Soldaten! Keiner wollte gegen Preußen kämpfen, 
„in dessen Regenten sie den Vertheidiger des evangelischen Glaubens erblichen". 
Unterwegs empörten sie sich und die Hälfte lief davon. Schnell mußte Rieger 
eine neue Auswahl vornehmen; sie erfolgte mit noch schrecklicheren Mitteln als 
das erste Mal. Auch unter diesen Truppen entstand ein Ausruht; in Göppingen 
wurden 16 Rädelsführer hingerichtet. Inder Schlacht bei Reuthen (5. 
Dez. 1757) wurden die Württemberger von der preußischen Reiterei umgangen; 
sie räumten in wilder Flucht das Feld. In den Winterquartieren in Böhmen 
brach eine Seuche aus, so daß nur noch 1900 Mann zurückkamen. Im nächsten 
Jahre trieb Rieger auf's neue Soldaten zusammen-, sie wurden theilweise in 
Ketten zu den Regimentern geführt. Durch Bestechung und Betrug übernahm 
der französische Kommissar die vorhandenen 4000 Mann für 6000. In Hessen 
wurden sie mit den von dem Prinzen Soubise befehligten Franzosen vereinigt. 
Weil der Subsidienvertrag erloschen war, schloß der Herzog einen neuen, nach 
welchem er 12000 Mann stellte. In Beschaffung dieser großen Mannschaft 
wurde Rieger das Lob zutheil, „daß er sich selbst übertreffen habe". Das Heer 
stand in Hessen, wo es bei Fulda von dem Erbprinzen von Braunschweig über- 
fallen und geschlagen wurde (Nov. 1759). Im nächsten Jahr zog Herzog Karl 
nach Sachsen; hier nahm sein eigener Bruder Friedrich Eugen, der preußischer 
General war, 600 württembergische Jäger bei Kothen gefangen. So theilten 
die Württemberger in jenem Kriege in allem die Schande der deutschen Reichs- 
(Reißaus-) Armee. 
Rieger hatte sich durch die gewaltsamen Truppenaushebungen so sehr die 
Gnade de« Herzogs erworben, daß er zum Obersten und Geheimen Kriegsrath er- 
nannt wurde. Unterthänig und kriechend dem Herzog gegenüber, war der Allge- 
©taiger, Geschichte Württembergs. 11
	        
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