Aerhiopier.
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Diese nomadischen und troglodytischen Stamme können
es also wahrscheinlich nicht gewesen seyn, von denen jene
denkwürdigen Sagen des Alterthums sich verbreiteten; wohl
aber der äthiopische Stamm, welcher den Staat von
M e r o e stiftete *), dort Tempel und große Gebäude errich¬
tete, Bilderschrift (wenn auch keine Buchstabenschrift)
kannte, und eine bestimmte ihm eigenthümliche Staatsver-
fassung hatte.
46.
F o r s e tz u n g.
Die Stadt Meroe lag am Zusammenflüsse ' des Nils
und Astaboras im heutigen Abyssinien, und bildete nach den
Nachrichten der Alten eine Insel, oder ein großes von
Flüssen, die sich hier vereinigen, umgebenes Land. Man
hielt es für eine Insel des Nils, weil man die verschiede¬
nen Flüsse, die es umschließen, als Arme des Nils
ansah. Die Regierung war in den Handen eines Prie¬
ster st am mes, der sich in seinen mannigfaltigen Zweigen
bis nach Aegypten verbreitet hatte, den König aus seiner
Mitte, nach dem Ausspruche der höchsten Gottheit, des
Ammons (oder des Osiris) wählte, und den Handel in
diesen Gegenden ausschließend leitete. Die Nachrichten
uàcr die großen hier angelegten Gebäude, die beim Here¬
do t sich finden, stimmen ganz mir dem überein, was
Bruce, der in der zweiten Halste des achtzehnten Jahr¬
hunderts eine Reise nach deir Quellen des Nils unternahm,
in bewundernswürdigen Ruinen in diesen Gegenden vorfand.
Der Priesterstamm hielt das Volk und den König in glei¬
cher Abhängigkeit. Durch Verwaltung des religiösen Kultus
und durch Orakel wirkte er auf die sittlichen, durch die
Leitung des Handels auf die sinnlichen Bedürfnisse des
Volkes. Dem Könige ließ er, nach Diodors Bericht,
nach seinem Gutdünken, den Befehl zukommen, es sey der
Wille der Götter, daß er sterben solle. — Das Volk,
*) He eren's Ideen rc. Th. 2, S. Z91. % A.