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Erster Zeitraum.
Grundwesen, ein gutes und ein böses, sind, besonders in
der spätern Ausbildung der indischen Lehren, unverkenn¬
bar enthalten, und scheinen von Indien aus in die übrigen
altasiatischeu Religionen mehr oder weniger übergegangen
zu seyn. Die indischen Religionslehren sind aber durch spa¬
tere Ausleger vielfach allegorisch gedeutet worden; ein
Schicksal, das sie mit den meisten Religionen des Alter¬
thums gemein haben; denn auf dieselbe Art wurden die
Lehren des Confucius, des Zoroaster, des Moses, des Ho-
wer und Mahomed in spätern Zeiten behandelt.
In dem Upnek'hat und den Purana's erscheinen
die drei obersten Gottheiten des Schaffens, des Erhaltens,
und des Strafens oder Zerstörens, Brama, Wischnu
(mit 10 Verwandlungen — Inkarnationen —) und Schi¬
ven — zwar personificirt, aber als ein Ganzes (trimurti
— drei Personen). Sie sind die ersten Ausflüsse aus
dem U r w e se n (Par ab rama) dessen Licht alles erfüllt,
belebt, und, wie der Faden der Perlenschnur, alle Geschöpfe
durchdringt. Das Urwesen hat, als solches, keine Tempel,
keine öffentliche Verehrung, auch sind von ihm keine Ab¬
bildungen vorhanden; denn es kann nicht begriffen und dar¬
gestellt werden, weil es das Urwesen ist und die Wurzel
von Allem enthalt. Im Brama, W i sch n u und S ch i -
ven wird dieses Urwesen nach seinen drei Eigenschaften der
allmächtigen Schöpferkraft, der erhaltenden,
und der r i ch t e n d e n oder strafenden Kraft personificirt.
Brama ist der allgemeine Schöpfer und Vater, der Geber
des heiligen Gesetzes, die Krone aller Dinge. Er hatte im
Alterthume einen besondern Kultus, der aber unter dem
Streit' der verschiedenen Secten über den Vorrang des
Wischnu und Schiven sich verlor. — Wischnu ist
Erhalter der Welt. Er erscheint zu ihrer Rettung, sobald
Ruchlosigkeit und Tyrannei überhand nehmen und Gefahr
drohen. So kennt die indische Mythologie zehn Verkör¬
perungen, wo Wischnu in Menschen-, Thier- und
Wundergestalten zum Heile der Menschen auftrat, und zur
Tugend rief. Schiven endlich ist der allgemeine Richter,