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Gute Dienst - Herrschaften.
459.
Cicero, jener gelehrte — durch feine große Beredt»
samkeit berühmte Römische Staatsmann, hatte einen
Sklaven RamenS Tiro, den er zu Paträ in Achaja
krank zurücklassen mußte. Er schrieb an diesen Menschen,
der viele Kenntnisse besaß, und sich ihm sehr interessant
machte, mehrere Briefe voll der zärtlichsten Freundschafts»
Aeusserungen, die wir noch haben, und deren Haupt.Jn,
halt folgender ist: „Ich habe es mir leichter vorgestellt,
vo.. Dir getrennt leben zu können; aber ich kann cs kaum
aushalten. Und ob ich gleich, um meiner Ehre willen,
eilig nach Rom reisen mußte, so halte ich cs dock fü
unrecht, daß ich Dich verlassen habe. Sey versichert,
daß ich keinen angelegentlichcrn Wunsch kenne, als Dich
bey mir zu haben, wenn es ohne Schaden für Deine
Gesundheit geschehen kann; haltst Du es aber für nöthig,
noch lange zu Paträ zu bleiben, bis Du ganz wieder
hergestellt bist, so handle ganz so, wie es für deine Um.
stände zweckmäßig ist! — Wenn Du Alles, was Deiner
Gesundheit dienlich ist, thust, so erfüllst Du meinen
Willen. Du hast mir viele Dienste erwiesen, aber keine
größere Gefälligkeit kannst Du mir erzeigen, als wenn
Du bald wieder gesund wirst. — Darum bitte ich Dich,
Ueber Tiro! daß Du keine Kosten sparest, um Deine Ge»
sundheil wieder zu erlangen. Ich habe dem Curius auf,
getragen, daß er dem Arzte so viel in meinem Namen
zahlen softe, als Du für gut findest. Und kch glaube
selbst, -daß man ihn anständig belohnen muß, damit er
sich desto mehr Mühe gebe. — Ich kenne Deine Klugheit,
Deine Mäßigkeit, Deine Liebe gegen mich, ich weiß
also auch, daß Du sobald als möglich zu mir eilen wirst;
nur übereile Dich nicht! So sehr ich Dich zu sehen
wünsche, so bitte ich Dich doch, daß Du Dich, ohne