9Ñ Gute Diensi-Herrschafren.
Er ist sechs und zwanzig Jahre bey mir gewesen. Er
war ein treuer und seltener Diener; und nachdem ich ihn
reichlich versorgt hatte, und nun dachte, an ihm eine
Stütze und einen Trost ln meinem Alter zu haben, ver¬
liere ich ihn, ohne Hoffnung ihn wieder zu finden, aus¬
ser im künftigen Leben. Sein Verhalten bey seinem her¬
annahenden Ende versichert mir seine Seligkeit. Ihm
that's nicht leid, daß er zu leben aufhören, sondern daß
er mich mit meinen Schwächlichkeiten unter bösen und
betrügerischen Leuten lasten sollte. Der größte Theil von
mir ist ihm schon nachgefolgt, und Alles, was ich noch
übrig habe, ist Plage und Schmerz rc.^
46i.
Der sel. Abt Breithaupt in Kloster * Berg en
suchte die Pflicht eines christlichen Herrn in allen Fällen
zu beobachten. Einst fand er einen Knecht auf dem Klo-
sterrHofe, den er also anredete: „Was macht Ihr?
Sorgt Ihr auch für Eure Seele? Ihr wartet Eurer
Pferde wohl ab; sorget Ihr denn auch gehörig für Euer
eigenes Wohl? Ihr müßt bey Eurer Arbeit stets gute
Gedanken haben, und denken, daß Ihr dem Herrn Jesu
dienet, der Euch für Euren Dienst den Gnaden. Lobn ge¬
ben will. Thut Ihr im Geist, und Leiblichen, was Ihr
sollr, wie groß wird nicht Euer Lohn einst seyn! — Der
Lohn, den wir Euch reichen, hat nur den Namen, und
bedeutet nichts; denn kein Menich kann dem andern auch
nur die geringste Mühe und Arbeit bezahlen. Der Arbei,
ter ist viel zu edel, und der, dem erarbeitet, viel zu
unvermögend zur Vergeltung. Nur ist das so Ordnung:
der Arbeiter ist seines Lohnes werth!" — Dieier Zuspruch
wurde den übriges Dienstboten wieder erzählt, und er¬
munterte alle zum redlichsten Diensteifer. Niemand diente
einem so leutseligen Herrn mit knechtischer Furcht und
aus Zwang; vielmehr ehrten und liebten ihn alle wie
einen Vater, der für die Vergeltung ihrer Treue und
für ihr wahres Wohl, mehr als sie selbst, besorgt war.