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Hohes Gefühl
der herzustellen, muß man sich seines Herkommens erin¬
nern, die es auflegt; man muß sich seiner Ahnen erin¬
nern , weil sie Beyspiele für uns sind; und man darf
nie glauben, ihr Ruhm seye ein Erbcheil, das wir ru¬
hig genießen können. Alsdann leben die Väter unter
ihren Enkeln wieder auf; die Sehnucht nach großen
Thaten, ein neuer Eifer für den Staat und die wahre
Liebe der vaterländischen Tugend lodert in Aller Herzen
empor.
Die alten Völker ermunterten einander um die Wette,
durch das Andenken an den Heldenmuth ihrer Voräl-
tern, zur Wachtsamkeit in den Tagen des Friedens und
der Ruhe, und zur Unerschrockenheit in den Zeiten der
Noth. Die Korinther sagen bey dem Thucydides:
„eure Väter sind auf rauhen und ungebahnten Wegen
zur Tugend emporgestiegen, ihr Beyspiel soll euch stets
gegenwärtig bleiben, ihr sollt durch Reichthum und Un¬
mäßigkeit nicht verlieren, was Arbeit und Armuth ge¬
wonnen haben!" — „Erinnert euch, daß ihr Römer
seyd!" — riefen die Feldherren des alten Roms ihren
Legionen zu. Diese kurze Rede machte sie bey den schwer¬
sten Unternehmungen unermüdet, bey den blutigsten
Schlachten unerschrocken. Sie bezwangen mit dem Ge¬
danken an die Tapferkeit ihrer Vater, und mit der je¬
dem Bürger eingeprägten hohen Est^lhung von den
Vorrechten und der unfehlbar zu erwartenden Größe des
ewigen Ruhmes die Welt. —
Eben dieser Stolz gab einst dem Schweizer, Volke
den Muth, das Joch mit Kraft zu zerbrechen, das
Tyrannen ihm auf den Nacken gelegt hatten; eine Hand¬
voll Hlrten errang ihm die Freyheit. Das Andenken
an diese Hirten sprach in den Herzen der tapfern
Berner bey Laupen; der kleine Haufe trat, mit der Zu¬
versicht, des Schweizer-Namens nicht unwürdig zu
sterben, gegen den Feind. Das Andenken an diese Hir¬
ten brannte in den Herzen der 1200 Schweizer, die un¬
weit Basel 40,000 Franzosen angriffen, einen großen