Full text: Lehr- und Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen und Fachschulen sowie zur Selbstbelehrung

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I. Lebensbilder. 
6. Dreifach ist der Schritt der Zeit: 
Zögernd kommt die Zukunft hergezogen; 
Pfeilschnell ist das Jetzt entflogen; 
Ewig still steht die Bergangenheit. 
Keine Ungeduld beflügelt 
Ihren Schntt, wenn sie verweilt. 
Keine Furcht, kein Zweifeln zügelt 
Ihren Lauf, wenn sie enteilt. 
Keine Reu', kein Zaubersegen 
Kann die Stehende bewegen. 
Möchtest du beglückt und weise 
Endigen des Lebens Reise? 
Nimm die Zögernde zum Rat. 
Nicht zum Werkzeug deiner That. 
Wähle nicht die Fliehende zum Freund, 
Nicht die Bleibende zum Feind. 
• Schiller. 
7. Lerne multiplizieren. 
Man vergißt im menschlichen Leben nichts so leicht, als das Multi¬ 
plizieren, wenn man es noch so gut in der Schule gelernt hat und kann. 
Und doch lernt man in der Schule für das Leben und die Weisheit be¬ 
steht nicht im Wissen, sondern in der rechten Anwendung und Ausübung 
davon. 
Es kann jemand einen Tag in den andern nur einen Groschen un¬ 
nötiger Weise ausgeben. Mancher, der den Groschen übrig hat, thut es, 
und meint, es sei nicht viel. Aber in einem Jahre sind es 365 Groschen 
und in dreißig Jahren 365 Thaler weggeworfenes Geld und das ist 
doch viel. 
Ein anderer kann einen Tag in den andern zwei Stunden unnütz 
und in Müßiggang zubringen und meint jedesmal, für heute lasse es sich 
verantworten. Das multipliziert sich in einem Jahre zu 730 Stunden 
und in dreißig Jahren zu 21900 Stunden oder 912 verlorenen Tagen 
des kurzen Lebens. Das ist noch mehr als 365 Thaler. Die Erde hat 
5400 Meilen im Umfange. Das ist ein weiter Weg. Aber wenn man 
in gerader Linie fortgehen könnte und es wollte jemand jeden Tag nur 
eine Stunde davon zurücklegen, so könnte er im dreißigsten Jahre wieder 
daheim sein. Daraus ist zu lernen, wie weit ein Mensch in seinem Leben 
es nach und nach bringen kann, wenn er zu einem nützlichen Geschäft 
jeden Tag nur eine Stunde anwenden will. Aber wer nie anfängt, hört 
nie auf, und wem wenig auf einmal nicht genug ist, der erfährt nie, wie 
man nach und nach zu vielem kommt. 
Hebel. 
8. Erklärung einiger Sprichwörter. 
1. Wo nichts ist, kommt nichts hin. 
Was nicht ist, das kann werden. 
Das sind zwei Sprichwörter, die sind beide wahr, wenn sie schon 
einander widersprechen. Von zwei unbemittelten Brüdern hatte der eine 
keine Lust und keinen Mut, etwas zu erwerben, weil ihm das Geld nicht
	        
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