Full text: Lehr- und Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen und Fachschulen sowie zur Selbstbelehrung

II. Kulturbilder aus Welt und Werkstatt. 
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flötzen liegen und oftmals mit ihnen abwechseln. Ebenso ist meist Thon¬ 
eisenstein ein Begleiter der Kohlenflötze. Dies alles zusammen, die 
Kohlenflötze und die sie begleitenden Gesteine bilden das Steinkohlengebirge. 
In gewissem Sinne rechnet man auch noch das sogenannte Rotliegende 
dazu. Dies liegt stets zu oberst über den anderen Gliedern des Kohlen¬ 
gebirges und besteht aus einem durch Eisen fast immer deutlich rot ge¬ 
färbten Gemenge sandkorngroßer bis mehr als kopfgroßer Stücke der 
verschiedenartigsten Gesteine solcher Gebirgsarten, welche bereits vor der 
Bildung des Steinkohlengebirges da gewesen sind. Findet der Bergmann 
also eines dieser Glieder des Steinkohlengebirges, so kann er auf das 
Vorhandensein der übrigen einen sicheren Schluß machen und hat man 
erst den Schieferthon erbohrt, so kann man gewiß sein, daß man bei noch 
tieferem Bohren auf Kohlen kommen werde. Eine andere Frage bleibt 
dann noch, ob erbohrte Kohlenlager bauwürdig, d. h. dick oder wie 
der Bergmann sagt, mächtig genug sein werden, um lohnende Massen von 
Steinkohlen zu liefern. 
Fragen wir nun weiter, wo und unter welchen Verhältnissen finden 
wir gewöhnlich Steinkohlenlager mit den sie begleitenden Schieferlhon- 
und Sandsteinschichten, so müssen wir darauf antworten: gewöhnlich findet 
man sie an solchen Orten der Erde, wo zur Zeit ihrer Entstehung von 
hohen Gebirgen eingeschlossene, meist nach einer Seite hin offene Busen 
oder Thalbecken waren. Da die Steinkohlen aus Pflanzen entstanden sind, 
so dürfen wir annehmen, daß in solchen offenen Thalbecken besonders 
günstige Verhältnisse für eine reiche Pflanzenwelt stattfanden. 
Ehe wir nun weiter die Frage erörtern, wie die Steinkohlen durch 
Umbildung aus Pslanzenmasse wohl entstanden sein mögen, wollen wir 
uns ein Bild von der Steinkohlenslora zu entwerfen suchen. Dabei 
werden uns die Abdrücke von Pflanzen in den Schieferthon- und Kohlen¬ 
sandsteinschichten die nötigen Fingerzeige geben. 
Aus diesen Abdrücken, welche uns vollkommene Bilder von der 
Gestalt der Blätter und Stämme geben, geht deutlich hervor, daß ein 
Wald der Steinkohlenzeit einen ganz anderen Anblick gewährt haben muß, 
als jetzt auf irgend einem Teile der Erde, mögen wir nun die Laub- und 
Nadelwaldungen unserer gemäßigten und nördlichen Zone, oder die üppigen 
Urwälder Amerikas damit vergleichen. Wir finden nichts, was uns auf 
das Vorhandensein von Laubholzbäumen schließen ließe. Heute bilden 
ähnliche Pflanzen, wie sie damals ganz allein den Erdkreis bedeckten, nur 
einen kleinen Bruchteil unserer Pflanzenwelt. Ein anderer Unterschied ist 
der, wo man auch Steinkohlen gegraben hat, überall deuten die Abdrücke 
im wesentlichen auf eine gleichartige Pflanzenwelt. Daraus werden wir 
wieder mit Grund schließen, daß damals auf der Erde überall ein gleich¬ 
warmes Klima geherrscht haben muß, während hierin gegenwärtig ein 
großer Unterschied stattfindet. Es ist ferner ein sehr auffallender Unter¬ 
schied, daß man in allen Kohlenbecken aller Weltteile, soweit man sie 
darnach durchforscht hat, die Reste von zusammen nur 500 verschiedenen 
Pflanzenarten gefunden hat, während in Europa allein jetzt 6000 vor¬
	        
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