Full text: Lehr- und Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen und Fachschulen sowie zur Selbstbelehrung

I. Lebensbilder. 
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Dienste müssen sie bezahlt werden. Wie würden wir Kaffee aus Brasilien, 
Pfeffer aus den Kolonieen, warmes Pelzwerk aus Rußland haben, wenn es 
keinen Handel gäbe? 
Nach allen diesen Gesprächen, welche die Kinder mit angehört hatten, 
fragten sie sich untereinander: „Was schaffen wir denn eigentlich, wenn 
wir arbeiten?" 
„Was ihr schafft?" erwiderte der Lehrer, welcher diese Frage gehört 
hatte. „Ihr schafft euch Kenntnisse und Einsicht, wodurch ihr zu unter¬ 
richteten und guten Menschen werden könnt, und die euch in den Stand 
setzen, euren Lebensunterhalt leichter zu gewinnen und in ehrlicher Arbeit 
euch und euren Nebenmenschen nützlich zu sein. Ich selbst arbeite, indem 
ich euch unterrichte, wie der Arzt arbeitet, indem er sich bemüht, euch zu 
heilen, wenn ihr krank seid. Ja man arbeitet sogar, indem man Gegen¬ 
stände herstellt, welche zum bloßen Vergnügen anderer dienen und von diesen 
gekauft werden, weil es jedem erlaubt ist und gut thut, sich Erholung zu 
verschaffen, wenn er fleißig gearbeitet hat. 
Die Arbeit ist eine Notwendigkeit. 
„Ist es wirklich wahr," fragte Paul eines Tages, „daß vor langen 
Zeiten das Korn von selber wuchs und daß man weder zu pflügen noch 
zu säen brauchte?" 
„Das war gewiß zu der Zeit," versetzte der Lehrer lächelnd, „als 
das Korn sich von selbst schnitt und von selbst zur Mühle zum Mahlen 
ging und als das Mehl zu Brot wurde, ohne daß es vorher zu Teig 
geknetet und der Backofen geheizt wurde." 
„Das sogenannte goldene Zeitalter ist also eine Fabel?" ver¬ 
setzte Paul. 
„Ganz gewiß." 
„Aber die Bäume wachsen doch von selbst." 
„Ohne Zweifel; aber wie sind ihre Früchte? Klein und ohne 
Geschmack. Wenn sie gute Früchte tragen sollen, muß man sie pfropfen, 
beschneiden und auf sie achten. Alles dies erfordert aber Arbeit. 
„Aber man braucht das Getreide doch nicht zu pfropfen." 
„Allerdings nicht, aber man muß den Boden pflügen, Dünger 
aufbringen und ausgesuchten Samen hinein säen, man muß den Acker in 
verschiedener Weise bearbeiten, damit die Ähren groß und die Körner 
schwer werden, um Brot daraus für viele Menschen machen zu können. 
Es würde keine Kleider, keine Häuser, keine Bücher geben und viele andere 
Sachen würden nicht vorhanden sein, wenn man sie nicht anfertigte. 
„Das ist wahr!" riefen einstimmig alle Kinder. 
„Ihr seht," — schloß der Lehrer — „daß die Arbeit eine Not¬ 
wendigkeit ist. Ohne sie hätten wir weder genug Nahrung, noch genug, 
um uns zu kleiden und wir würden tausend andere Gegenstände, von denen 
einer nützlicher als der andere ist, entbehren müssen." 
Maurice Block. 
Kleines Handbuch der National-Ökonomie.
	        
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