Full text: Lehr- und Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen und Fachschulen sowie zur Selbstbelehrung

I. Lebensbilder. 
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fern vom Getriebe der City, seines Familienlebens sich erfreut: der Villen¬ 
stil ist nicht selten noch Kastellstil. 
„Mein Haus" sagt freilich auch der Teutsche unserer Tage und 
insbesondere unserer großen Städte. Mein Haus bringt mir 10, 15, 
20 Prozent; so viel im Keller, so viel in der Bel-Etage, so viel im vierten 
Stock und dann kommen noch die Dachstuben. Bei diesem „meinem 
Hause" steigt vor unsern Augen die Mietskaserne auf, das traurigste 
Gegenteil der englischen Burg, die Schätzung des Hauses lediglich als 
Geschäftsobjekt. 
Aber das ist eben nicht „Unser Haus". Unser Haus, wie es 
zuerst unseren Wünschen und Träumen sich darstellt, ist klein, ein-, höch¬ 
stens zweistöckig, für uns und allenfalls noch eine Familie, die aber mehr 
Freund als Mieter sein muß. „Unser Haus" hat immer einen Garten, 
zum allerwenigsten doch einen Platz im Freien und wäre es auch nur im 
Hofe unter Bäumen. Unser Haus ist reich und komfortabel vertreten in 
Bremen und Lübeck, in den alten Hansestädten, wo auch der einfache 
Mann sein eigenes Haus bewohnt. Unser Haus ist das Ideal des deutschen 
Familienlebens. 
Aber unser Haus in Bremen und Lübeck, noch mehr in Hamburg 
und anderen Handelsstädten schlägt auch wieder in das Materielle um. 
Unser Haus ist das große Kaufmannshaus. Unser Haus macht so viel 
Hunderttausend jährlichen Umsatz. Unser Haus reist in Amerika, Asien, 
Australien. 
Und doch ist unser Haus da schon geistig; es sind nicht mehr die 
vier Mauern, nicht mehr die Steine. Es ist nicht bloß das Produkt 
menschlicher Thätigkeit, es ist die menschliche Thätigkeit selbst, Geschäfts¬ 
arbeit, Geistesarbeit. 
Wir halten das geistige Gebiet fest, aber wir kehren von der weiten 
Welt zurück in den engsten Raum; wir lassen auch Geschäft und Beruf 
draußen; wir nehmen statt der Geistesarbeit die Geister selbst, die Herzen, 
die persönlichen Menschen. 
Unser Haus, das sind wir — Mann und Frau. Unser Haus ist 
unser Leben in der Ehe. Ist es gegründet, so hat auch der bürgerliche 
Beruf des Mannes die feste Stätte, von wo aus der Hebel angesetzt wird, 
und die Quelle immer neuer Kraft gesunden, aber auch das lohnende 
Ziel seines Erwerbes, auch die Sicherheit, die materiellen Werte sofort 
zu adeln und in geistige umzusetzen, in behaglichen Wohlstand, in Friede 
und Freude, in Förderung geistigen Lebens. Unser Haus fordert die 
männliche Tapferkeit heraus wie die Bedachtsamkeit zur Arbeit und zum 
Schutz für die, welche er dem natürlichen Schutze von Vater und Mutter 
entzogen hat. Unser Haus läßt die neue männliche Würde des Hausherrn 
fühlen; aber auch die Bürde einer Herrschaft, die nur in Liebe geführt 
werden darf und deren erste Bedingung Selbstbeherrschung ist. 
Unser Haus ist reich an Pflichten und Gütern; es hat und giebt viel 
zu thun und fordert viel Fleiß und Pünktlichkeit, viel aufmerksame Sorg¬ 
falt und Treue im kleinen.
	        
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