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Das badische Staatsrecht
gierung sich durch Aufhebung der Leibeigenschaft, Abschaffung der
Tortur, Schutz der Gewissensfreiheit und Förderung der Volks¬
bildung wie des Volkswohlstandes ausgezeichnet hatte. Auch hatte
bereits in feiner Absicht gelegen, dem Lande, dessen Staatssorm bis
iz6 dahin die absolute Monarchie war, eine ständischeVersassung
zu geben, d. h. einer gewählten Vertretung des Volkes (den Stän¬
den) die Teilnahme an der Gesetzgebung zu gewähren; allein die
Arbeiten hierfür verzögerten sich und erst unter seinem Enkel und
Nachfolger, dem Großherzog Karl, wurde unterm 22. August
1818 die „Versassungsurkunde sür das Großherzog,
t tl m Baden" verkündet.
Diese Versassungsurkunde behandelt die Stellung des Grotz-
herzogs und seiner Minister, die Rechte, die Pflichten und die Wirk¬
samkeit der Landstände, sowie die staatsbürgerlichen und politischen
Rechte der Badener. Sie bat im Laufe der Jahre verschiedene Ver¬
änderungen erfahren. Insbesondere trat durch Gesetz vom Jahre
1904 an die Stelle der bisherigen indirekten Wahlen zur Zweiten
Kammer der Landstünde die direkte Wahl und gleichzeitig wurde
die Zusammensetzung der Ersten Kammer geändert. Ihre Ergän¬
zung findet die Versasiungsurkunde durch eine Anzahl besonderer
lzum Teil später noch zu erörternder! Gesetze, nämlich durch die
badischen Hausgeietze, das Landtagswahlgesetz, das Wahlkreiseim
teiluugsgesetz, das Etatgesetz, das Gesetz über das Verfahren bei
Ministeranklagen, das Gesetz iiber die Obcrrechnungskammer u. a.
*37 Dem schon im Jahre 1818 verstorbenen Großherzog Karl folgte
in der Regierung Großherzog Ludwig (gestorben 1830) und
letzterem Großherzog Leopold, unter welchem das Gro߬
herzogtum am 1. Januar 1836 dem kurz vorher gegründeten Deut¬
schen Zollverein beitrat. Seit des Großherzogs Leopold Tode
(1862) stand Baden volle 66 Jahre lang unter der segensreichen Re¬
gierung des weit über die Grenzen Badens hinaus verehrten G r o ß -
Herzogs Friedrich I., welcher (mit der Tochter Luise des
ersten Deutschen Kaisers Wilhelm I. vermählt) hervorragenden An¬
teil hatte an der Schaffung des Reiches. Mit seinem Tode (28. Sep¬
tember 1907) ging die Regierung aus seinen Sohn, Großherzog
Friedrich II., über.
b. Das Staatsgebiet.
,z3 i. Das Großherzogtum Baden umfaßt einen Flächenraum von
15 081 Quadratkilometern.^ Es bildet ein zusammenhängendes Gan-
°° Dem Flächeninhalt nach nimmt Baden unter den 26 Staaten des
Deutschen Reiches die vierte Stelle, der Volkszahl nach die fünfte Stelle ein.