c) Aus dem Leben Kaiser Wilhelms des Großen.
77. Brief des zwölfjährigen Prinzen an seinen Lehrer Zeller.
Lieber Vater Zeller!
Ich danke Dir von ganzem Herzen für das Gute, das Du uns
erwiesen hast, indem Du uns in den Bund mit Gott aufgenommen
hast. Ich denke noch oft an die Tage mit Freuden zurück, die wir
im Institut zugebracht haben, und besonders an den letzten. Er
soll mir unvergeßlich sein, ich bitte Dich, den Herrn Grieb, Funk,
Schirmacher, Kolbe und das ganze Institut zu grüßen.
Lebewohl, lieber Vater!
Dein Dich liebender Sohn
Wilhelm.
78. Die Lieblingsblume Kaiser Wilhelms I.
Als die Königin Luise in dem Unglücksjahre 1807 in Memel
weilen mußte, hatte sie mit ihren Kindern einen Ausflug unter¬
nommen. An dem Wagen, in dem sie mit dem 12jährigen Kron¬
prinzen und dem 10jährigen Prinzen Wilhelm fuhr, brach ein Rad.
Sie mußten auf offner Landstraße lange warten, bis Hilfe herbei¬
geholt war. Diese Zeit suchten sich die Prinzen zu verkürzen,
indem sie in dem nahen Roggenfelde Kornblumen pflückten. Sie
brachten sie ihrer Mutter, und diese wand daraus feuchten Auges
einen Kranz. Der Prinz Wilhelm suchte sie durch Liebkosungen
zu trösten, und, unter Tränen lächelnd, setzte sie ihm den blauen
Kranz aufs Haupt. Dieser Vorgang blieb dem Kaiser Wilhelm zeit¬
lebens unvergeßlich. Jede Kornblume, die er sah, erinnerte ihn an
die Tränen der treuesten aller Mütter, und er liebte sie deshalb wie
keine andre Blume. Nach Ludwig Marquardt.
79. König Wilhelm in Bad Ems. y
1. König Wilhelm verbrachte jedes Jahr zu seiner Erholung
mehrere Wochen in dem berühmten Bad Ems. Die Bewohner des
Städtchens und die Badegäste freuten sich jedesmal über seine An¬
kunft. Vor allen aber liebten ihn die Kinder zu Ems.
2. Einmal faßte sich ein Knabe ein Herz, lief plötzlich auf den
hohen Herrn zu, umspannte seine Knie und rief: „Bist du wirklich
der König Wilhelm?“ „Ja, ich denke, kleiner Mann,“ lautete die
Antwort; „und wie heißt denn-du? Und was willst du werden?“
— „Ich heiße auch Wilhelm, und Soldat will ich werden,“ rief der
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