Full text: Das dritte Schuljahr

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ist noch außer Atem, und augenblicklich stürzt der andere wieder ans 
ihn los. Mit erneuter Wut treffen sie zusammen; sie kämpfen wie 
früher: aber endlich sind Füße und Flügel vor Mattigkeit zum Kampfe 
nicht mehr tauglich; da greifen sie zu der letzten und furchtbarsten 
Waffe. Sie springen nicht mehr, aber hageldicht fallen die Schnabel¬ 
hiebe nieder, und bald triefen die Köpfe vom Blute. Endlich verläßt 
den Feind der Mut; er wankt, er weicht zurück: jetzt bekommt er noch 
einen tüchtigen Hieb, und die heiße Schlacht ist entschieden. Er flieht, 
sträubt die Nackenfedern empor, hebt die Flügel, senkt den Schwanz, 
sucht eine Ecke, macht sich klein und krakelt wie eine Henne, denn, für 
eine Henne gehalten, glaubt er das Mitleid zu finden, welches er als 
Hahn nicht zu erwarten hat. Doch der Sieger ist durch kein Gekrakel 
zu bethören; er schöpft erst wieder Atem, schlägt mit den Flügeln, 
kräht und macht sich dann zur Verfolgung des Feindes auf. der sich 
nun nicht mehr wehrt, und wenn er auch unter den Hieben des er¬ 
grimmten Gegners sein Leben aushauchen sollte. Daß in der Regel 
der Haushahn mit größerem Mute kämpft, ist natürlich, und selten 
wagt es der Besiegte, wenn er mit diesem denselben Hof bewohnen 
muß, sich künftig von neuem mit ihm zu messen. Lenz. 
13. Der Sperling, genannt Spatz. 
Wer hat wohl noch keinen Spatz gesehen? — Das wäre wohl ein 
merkwürdiger Mensch, so viel er sich auch auf seine Kenntnisse ein¬ 
bilden dürfte. Der Spatz gehört zu den Gassenbuben unter den Vögeln. 
Er sieht auch gerade so aus. In seinem dicken Kopfe stecken ein paar 
rote, freche Augen, denen man sogleich ansieht, daß er sich um keinen 
Menschen bekümmere, und daß es ihm einerlei sei, was man von ihm 
denke. Von Zucht und Ehrgefühl hat er gar keinen Begriff. — Zu 
diesem dicken Kopfe paßt ganz sein plumper Schnabel und sein freches 
Geschrei. Er giebt sich nicht die geringste Mühe, anständig zu sprechen, 
sondern schreit in den Tag hinein, wie es ihm in die Gurgel kommt. 
— Sein Anzug paßt ganz zu seinem Wesen, und Eitelkeit kann man 
ihm nicht vorwerfen. Er denkt nicht daran, was er anhat. Gewöhn¬ 
lich trägt er eine grobe, graue Jacke, auf welcher man nicht leicht 
Schmutzstecken erkennen kann; daher geniert ihn dieselbe auch wenig, 
und er treibt sich damit auf dem Miste, im Kote, in Lachen und ans 
den Feldern herum; Händel hat er mit seinen Kameraden alle Augen¬ 
blicke, und dabei giebt es ein Geschrei, daß man es im ganzen Dorfe
	        
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