Der Kaiser
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der Vertretung des Reiches nach außen geltend macht.
Aber auch im Innern stehen dem Kaiser wichtige
Vorrechte zu. Er beruft, eröffnet, vertagt und schließt
den Bundesrat und den Reichstag, er verkündet die
Reichsgesetze und überwacht ihre Ausführung, er er¬
nennt und entläßt die Reichsbeamten und die Reichs¬
konsuln. Er führt schon im Frieden den Oberbefehl
über die deutsche Kriegsmarine, ihm allein schwören die
Offiziere, Beamten und Mannschaften der Marine den
Treueid. Auch die Truppen der Landmacht sind ver¬
pflichtet, den Befehlen des Kaisers unbedingt Folge
zu leisten, und legen im Fahneneid dies Gelöbnis ab.
Ihm gebührt die obere Leitung der Post- und Tele¬
graphenverwaltung. Der Kaiser übt diese Rechte, die
Kaiserliche Regierungsgewalt, namens des Reichs
durch Anordnungen oder Verfügungen, meist Erlasse
genannt, aus. Nur bei der Ernennung gewisser Reichs¬
beamten, z. B. bei Besetzung des Reichsgerichts, ist er
an die Vorschläge des Bundesrats gewiesen. Da diese
Kaiserlichen Erlasse der Gegenzeichnung des Reichs¬
kanzlers bedürfen, so ist damit zugleich gesagt, daß
sie schriftlich zu ergehen haben.
Es leuchtet aber ein, daß sich damit die Regie¬
rungsthätigkeit des Kaisers im Reiche ebensowenig
erschöpft, wie die des Monarchen im Staate. Der
Kaiser kann selbstverständlich durch schriftliche und
mündliche Anregungen aller Art, auch in hochpoli¬
tischen Dingen, auf die Entschließungen der mit
ihm verbündeten Regierungen, ja in außerordent¬
lichen Fällen auch auf die Anschauungen des deut¬
schen Volkes einwirken. So ist es wiederholt ge¬
schehen in Form von Botschaften an den deutschen
Reichstag, bei der Thronbesteigung des zweiten
deutschen Kaisers in einem dem Reichskanzler amt¬
lich mitgeteilten und veröffentlichten Regierungs¬
programm. Endlich kann nicht davon die Rede
Art. 12
Art. 17
Art. 18. 56
Art. 53
Art. 64
Art. 50
Art. 17