Object: Grundriß der Geschichte

Maria von Burgund. 
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Heinrich Tudor (Tjndörr), Graf von Richmond (sprich Ritsch¬ 
mond), in England, um ihn vom Throne zu stürzen, griff ihn in 
der Schlacht bei Bosworth an und durchstach das Ungeheuer 
mit eigener Hand. Er wurde nun König und nannte sich Hein¬ 
rich VII. (1485—1509). Er war der Vater Heinrichs VIII., den 
wir in der folgenden Periode werden kennen lernen. — 
Karl der Kühne hatte nur eine Tochter, Maria, hinterlassen; 
eine reiche Erbin! Kein Wunder, daß sich schon bei des Vaters 
Lebzeiten viele Fürsten und Fürstensöhne nm sie beworben hatten. 
Aber wer mochte dem Herzoge sagen, ob diese Bewerber es ehrlich 
meinten, oder nur die reiche Erbschaft haben wollten? Daher 
schwankte er auch stets, wem er sie wohl geben sollte. Bald ver¬ 
sprach er sie diesem, bald jenem. Der annehmlichste Schwiegersohn 
war ihm doch unter Allen der junge und liebenswürdige Maxi¬ 
milian, des Kaiser Friedrich III. einziger Sohn. Wir haben schon 
oben erzählt, daß die Sache zwischen den beiden Vätern bereits ver¬ 
abredet war, und Maria an Maximilian auf Befehl ihres Vaters einen 
Brief hatte schreiben und ihm einen Ring schicken müssen; eben so, 
daß Karl und Friedrich bei der Zusammenkunft in Trier sich ver¬ 
uneinigten und die ganze Sache zurückging. Ehe sich Karl für einen 
Andern entschied, starb er und hinterließ seine Maria ohne allen 
männlichen Schutz. Das Schreckliche ihrer verlassenen Lage wurde 
ihr bald auf die schmerzlichste Weise fühlbar gemacht. Wir wissen, 
daß Ludwig XI. von Frankreich sogleich nach dem Tode des Her¬ 
zogs Karl einen Theil von dessen Ländern an sich gerissen hatte, 
und nach den flandrischen Provinzen gelüstete es ihm auch. Maria 
schickte nun den Kanzler Hugonet und den Herrn von Jmberconrt, 
zwei der bewährtesten Diener ihres Vaters, zu Ludwig und gab 
ihnen einen Brief mit, worin sie den König bat, mit diesen Män¬ 
nern zu unterhandeln und sonst mit Niemandem. Nun regte sich 
aber auch in den flandrischen Städten, die von jeher zu Unruhen 
geneigt waren, ein widersetzlicher Geist, und Maria, unerfahren 
und fast rathlos, mußte den in Gent versammelten Ständen ver¬ 
sprechen, nichts ohne ihre Zustimmung zu unternehmen. Diese 
schickten nun auch zu Ludwig, um zu unterhandeln. Erstaunt 
zweifelte dieser an der Besugniß der Abgesandten, worauf ihm diese 
wiederholten, daß Maria Alles nach ihrem Sinn und Rath zu thun 
versprochen habe. Der König aber zeigte nun jenen Brief der 
Herzogin. Allerdings war ein arger Widerspruch zwischen den Er¬ 
klärungen dieses Briefes und den Worten Maria's an die Genter.
	        
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