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Kümpfe
Athens bis
zum Aus-
bruche des
peloponnesi-
schcn Krieges.
aus Thespiä und Myrrhina aus Samos. Sie verkauften ihre Ge¬
fälligkeiten um große Summen und machten oft ein glänzendes
Haus. Vozugsweise lebten die attischen Philosophen mit Hetären
und zwar nicht selten in dem dauernden Verhältniß des Concubi-
nats. Natürlich war es, daß auch die Hetären mit philosophischen
und schönwissenschaftlichen Studien kokettirten, die Hörsäle der
berühmtesten Philosophen besuchten und bisweilen sogar mit Schrift¬
stellerei sich befaßten.
Von den Hetären hat besonders Aspasia durch ihren Einfluß
auf den ersten Mann in Athen eine historische Wichtigkeit erlangt.
Perikles lebte, nachdem er sich von seiner rechtmäßigen Gemahlin
getrennt hatte, auf einem verschwenderischen Fuße mit ihr und
zeugte mit ihr einen Sohn, dem er seinen Namen gab. Diese
stadtkundige Liebe bot der Neigung der Athener, das Ansehen gro¬
ßer und einflußreicher Männer zu schmälern, eine erwünschte Ge¬
legenheit, und nicht nur die Unternehmungen und politischen Ein¬
sichten des Staatsmannes, sondern auch die Leistungen des Redners
wurden durch die Frivolität der Atheuienser und ihrer Komiker auf
Aspasia's Rechnung gesetzt. Wie Perikles, vorzüglich wegen der
Kraft seiner Beredtsamkcit, der olympische, gleichsam ein zweiter
Zeus, genannt wurde, so hieß Aspasia seine Hera und in Bezie¬
hung auf ihre Herrschaft über ihn seine Omphale und Deianira.
Auch Sokrates besuchte sie, nannte sich ihren Schüler und sprach
mit Bewunderung besonders von ihrer Beredtsamkcit. Aber nicht
Männer allein suchten ihren Umgang, sondern auch Weiber wurden
von ihren Verwandten bei ihr eingeführt, und sie verstand es den
Frauen gute Lehren zu geben. In einer Zeit, wo die Feinde des
Perikles auf die Unzufriedenheit des Volkes mit ihm rechneten,
wurde Aspasia angeklagt, daß sie die Ehrfurcht gegen die Götter
verletzt habe. Perikles trat als ihr Vertheidiger auf und soll bei
seiner Vertheidigungsrede mehr Thränen vergossen habe, als in ähn¬
lichen Fällen, wo sein eigenes Leben und Vermögen auf dem Spiele
stand. Seine Bitten rührten die Richter, und Aspasia wurde frei¬
gesprochen.
Nach Cimons Tode stand Perikles an der Spitze des athenischen
Staates. Noch war der von Cimon zwischen Athen und Sparta
450 v. Chr. geschlossene fünfjährige Waffenstillstand nicht abgelaufen;
aber die Eifersucht und Feindschaft beider Staaten brach oft hervor.
Als die Phocier und Dclphier wegen der Aufsicht über den delphi¬
schen Tempel in Streit geriethen, sandten die Spartaner ein Heer
und übergaben den Delphiern den Tempel. Aber kaum waren die
Spartaner abgezogen, als die Athener unter Perikles in das delphische
Gebiet einrückten und den Tempel der Obhut der Phocier übergaben.
448 v. Chr. Man nennt diesen Zwist zwischen Phocis und Delphi
den zweiten heiligen Krieg.
In den beiden folgenden Jahren brachen in Bvotien, Euböa
und Megara Empörungen gegen die athenische Oberherrschaft aus.
Viele durch Athens Einfluß verbannte bövtische Aristokraten bemäch¬
tigten sich einiger böotischer Städte; die Athener wollten dies nicht
dulden und sandten ein Heer unter Tolmides. Dieser erlitt aber