Full text: Staats- und Volkswirtschaftslehre

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[§29] 
anlagen des Staates für unzulässig erklärt, da dieser nicht als 
Unternehmer auftreten dürfe, und bei gehöriger Aufsicht die sozial¬ 
politischen und staatlichen Interessen auch zu ihrem Rechte kämen. 
Letzteres trifft teilweise zu, und viele Privatunternehmungen leisten 
bezüglich der Organisation und Wohlfahrtspflege Mustergültiges, — 
aber die Absicht, den Aktionären möglichst hohe Dividenden zu 
zahlen, bleibt selten unbeachtet. Sodann liegt es im Allgemeinwohl, 
wenn der Staat, wie vor allein bei den Eisenbahnen, namentlich 
dem sog. kleinen Mann, eine sichere Einnahmequelle in Form einer 
allerdings nur bescheidenen aber doch auskömmlichen Lebensstellung 
gewährt, und sich selbst im Interesse der Gesamtheit Einkünfte vor¬ 
behält, die sonst zumeist nur den Wohlhabenden zufallen würden. 
Jedenfalls müßten beim Fortfall der Erwerbseinkünfte die Steuern 
wesentlich erhöht werden, — am fühlbarsten wäre es natürlich für 
die sog. „kleinen Einkommen". 
'Von den staatsrechtlichen Einnahmen wurden schon die Re¬ 
galien besprochen (§ 28 b). Einen entscheidenden Einfluß auf die 
Gestaltung der Reichsfinanzwirtschaft haben nicht die Einnahmen 
aus dem Post- usw. Regal, da die Post in erster Linie den Verkehr er¬ 
leichtern und fördern sollen. Sodann sind die Gebühren zu nennen. 
Das sind Beiträge für Benutzung öffentlicher Einrichtungen, die 
zwar im Interesse des Gemeinwohls bestehen, an denen aber der sie 
wirklich Benutzende ein besonderes und größeres Interesse hat als 
ein anderer. Sie bedeuten eine Art Sonderbesteuerung und sind 
deshalb auch als Steuerzuschlag aufgefaßt worden; im Staatshaus¬ 
halt werden sie vielfach unter den indirekten Steuern verrechnet. 
Völlige Zurechnung unter die Steuer erscheint darum unmöglich, 
da ihnen eine bestimmte Gegenleistung seitens des Staates entspricht. 
Mit den staatlichen Erwerbseinkünften verwandt, gleichen sie diesen 
doch nicht völlig, da sich aus ihnen die Kosten der öffentlichen Ein¬ 
richtungen gewöhnlich nicht decken lassen, da ferner eine einseitige 
Normierung durch das öffentliche Recht und nicht mehr durch die 
freie Konkurrenz stattfindet, da endlich die Gegenleistung in einer 
obrigkeitlichen Handlung besteht. Die Gebühren werden direkt an 
den Staat gezahlt (Fiskusgebühren), seltener dem einzelnen Beamten 
für seine im Auftrage des Staates vollzogenen Leistungen (Diener¬ 
gebühren). Die Erhebung geschieht entweder unmittelbar in Geld 
oder in Form von Stempelmarken. Drei große Gruppen von Ge¬ 
bühren lassen sich scheiden, nämlich Gebühren aus der Rechtspflege 
(vgl. § 36a). aus der Verwaltung, und endlich gebührenartige Ein¬ 
nahmen. Bei den Verwaltungsgebühren scheidet man die allgemeinen 
Verwaltungsgebühren in Angelegenheiten des persönlichen Lebens 
.(Beglaubigungen aus dem Zivilstandsregifter, von Legitimations¬ 
papieren und dgl.), des Erwerbslebens (Anstellungs- und Be¬ 
förderungsurkunden. Befähigungs- und Prüfungszeugnisse und dgl.) 
und der obrigkeitlichen Beglaubigung und Beaufsichtigung (Kon- 
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