Die Rechtsmittel und die Wiederaufnahme des Verfahrens 
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Die Berufung wie die Revision muß jeweils binnen einer Woche 
nach Verkündung des Urteils bei dem Gericht, dessen Urteil ange¬ 
fochten wird, schriftlich oder zu Protokoll des Gerichtsschreibers ein¬ 
gelegt werden. Die Revision muß außerdem innerhalb bestimmter 
Frist zu Protokoll des Gerichtsschreibers oder schriftlich durch einen 
Rechtsanwalt begründet werden. Gegen eine Versäumung dieser 
verschiedenen Fristen kann vom Gericht nur dann Nachsicht (soge¬ 
nannte „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand") 331 
erteilt werden, wenn die Versäumnis durch unabwendbare Zufälle 
(z. B. schwere Krankheit) verursacht war. 
Ist ein Urteil rechtskräftig geworden, so kann nur unter be- zz2 
stimmten Voraussetzungen eine Wiederaufnahme des Ver¬ 
fahrens und erneute Verhandlung der Sache stattfinden, und zwar 
insbesondere dann, wenn das Urteil sich aus eine Urkunde stützt, deren 
Unechtheit sich nachträglich herausstellt, oder auf ein eidliches Zeugnis, 
das sich nachträglich als vorsätzlich oder fahrlässig falsch abgegeben 
erweist, oder wenn neue Tatfachen oder Beweismittel aufgefunden 
werden, welche zugunsten des verurteilten Angeklagten sprechen, 
oder endlich, wenn der freigesprochene Angeklagte nachträglich vor 
Gericht oder außergerichtlich ein glaubwürdiges Geständnis abgelegt 
hat. Erfolgt im Wiederaufnahmeverfahren die Freisprechung des 
vorher verurteilten Angeklagten und wird zugleich dargetan, daß er 
unschuldig war oder daß wenigstens ein ernstlicher Verdacht gegen 
ihn nicht mehr vorliegt, so erhält er für die etwa bereits verbüßte 
Strafe aus Verlangen eine Entschädigung aus der Staatskasse. Das 
Verfahren entspricht dem bei Nr. 316, Anm. 5, Abs. 2 dargestellten. 
6. Die Strafvollstreckung. 
Die Vollstreckung der rechtskräftig erkannten Strafen liegt der zzz 
Staatsanwaltschaft ob; nur der Vollzug der vom Schöffengericht er¬ 
kannten Strafen ist in Preußen und den meisten anderen deutschen 
Staaten dem Amtsrichter übertragen. Die Strasvollzugsbehörde 
kann aus Antrag aus wichtigen Gründen für höchstens vier Monate 
Strafaufschub bewilligen. Sie ist ferner befugt, gegen einen 
Verurteilten, der sich aus Ladung nicht zum Strafvollzug stellt oder 
fluchtverdächtig ist, einen Haftbefehl und im Falle der Flucht auch 
einen Steckbrief (s. Nr. 315) zu erlassen. 
Das Recht der Begnadign n g,* 20 d. h. die Befugnis, rechts- 
feiner Natur nach in den meisten Fällen wenig wirksam. Die kominende Straf¬ 
prozeßreform wird daher voraussichtlich auch gegen die Strafkammerurteile die von 
der öffentlichen Meinung verlangte Berufung bringen. 
20 Amnestie nennt man die gleichzeitige Begnadigung ganzer Klaffen von 
Verurteilten, wie sie z. B. bei Thronbesteigungen zuweilen ausgesprochen wird.
	        
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