Metadata: Die neue Zeit (Theil 3)

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7. 
Im September 1791 war die neue Verfassung oder Konstitution voll¬ 
endet. Der König, welcher voraussah, daß jeder Widerspruch vergeblich 
sein würde, nahm sie in der ihm übergebenen Form an und beschwor sie. 
Sie enthielt viel Gutes, aber die königlichen Rechte waren über alles 
Maß beschnitten. Als die Versammlung (die man die konstituirende 
nannte) auseinander gegangen war, trat bald eine neue an ihre Stelle, 
die nun auch das Recht des Königs, die Gesetze des Landes zu bestim¬ 
men, für sich in Anspruch nahm und sich die gesetzgebende nannte. 
Die Mitglieder derselben waren größtentheils junge talentvolle Männer, 
aber ohne Welterfahrung, nur vom revolutionären Schwindelgeiste ergriffen. 
Unter ihnen zeichneten sich die Abgeordneten des Departements der Gi¬ 
ronde, die sogenannten Girondisten, aus, deren Absicht war, den Königs¬ 
thron allmählich zu stürzen und auf dessen Trümmern eine Republik zu 
gründen. In dieser Versammlung saßen aber auch die wildesten Jakobi¬ 
ner, deren boshaftes Trachten dahin ging, den Königsthron nicht allmäh¬ 
lich, sondern rasch, durch gewaltsame Mittel zu stürzen. So groß auch die 
Feindschaft unter den einzelnen Parteien war, in dem Hasse gegen die 
königliche Familie kamen sie alle überein. Fast alle Aemter, selbst die 
Ministerstellen wurden mit Jakobinern besetzt und die gemäßigteren Män¬ 
ner zogen sich allmählich von dem Tummelplätze der wildesten Leidenschaften 
zurück. Schreckensmänner, wie Robespierre, Marat, Danton, 
Manuel, Pethion, deren Namen in der Geschichte Frankreichs ewig 
gebrandmarkt bleiben werden, verübten in dieser vielfach bewegten Zeit 
Greuel, vor denen das menschliche Gefühl zurückschaudert. Diese Böse- 
wichter verbanden sich mit dem leicht verführten Pöbelhaufen zu Schutz 
und Trutz, suchten durch dessen Gunst alle bestehende Ordnung zu stürzen, 
um selber zu Macht und Reichthum zu gelangen. Bei solcher Pöbelherr¬ 
schaft galt Rohheit für Patriotismus, Mäßigung für Schlechtigkeit; wie 
zur Zeit einer ansteckenden Seuche fürchtete Einer den Andern. Jeder be¬ 
deckte sich mit den ärmlichsten Kleidern, um sich vor der Wuth des Pöbels 
zu schützen. Man brauchte nur recht zerlumpt einherzugehen, um für einen 
echten Sohn der Freiheit zu gelten. Der Name „Ohnehosen" (Sanscülotten) 
galt für einen Ehrentitel. 
Die gesetzgebende Versammlung faßte den Beschluß, es sollten alle 
Ausgewanderte, die nicht binnen einer bestimmten Frist zurückkehrten, des 
Todes schuldig und ihrer Güter verlustig sein; desgleichen sollten alle 
Geistliche, welche die neue Verfassung nicht beschwören würden, als Em¬ 
pörer und Verräther der Nation gerichtet werden. Als der König sich 
weigerte, so harten Beschlüssen, nach welchen er seine eigenen Brüder hätte 
ächten müssen, seine Zustimmung zu geben, beschlossen die Jakobiner, die¬ 
selbe durch einen Volksaufstand zu erzwingen. Zu diesem Zwecke theilten 
sie unter den Pöbel der berüchtigtsten Vorstädte Piken aus und am 20. 
Juni 1792 drang ein Haufen von 40,000 Menschen, unter Anführung
	        
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