Full text: Die Gesellschaftskunde, eine notwendige Ergänzung des Geschichtsunterrichts

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aus den Fabrikaten, welche im täglichen Gebrauche vorkommen, teils aus dem 
übrigen Unterricht und aus den Gesprächen der Erwachsenen. Kurz, das be¬ 
nötigte Anschauungsmaterial bringt er schon mit, und was er nicht mitbringt, 
das ist auch gar nicht nötig für den Lehrzweck. Das Aufzählen der verschiedenen 
arbeitenden Personen (Schuster, Bauer, Postbote, Polizeidiener, Arzt, Lehrer, 
Pastor u. s. w.) kann schon auf der Unterstufe seinen Anfang nehmen; wie denn 
bekanntlich der ehemals übliche (Pestalozzische) sog. „Anschauungsunterricht" dies 
auch immer zu thun pflegte. Das begriffliche Ordnen in die 6 Hauptarbeits 
klaffen geschieht an dem Stoffe, der eben gekannt ist; und diese Denkthätigkeit 
macht so wenig Kopfzerbrechen, daß sie schon auf der Mittelstufe mit Leichtigkeit 
gelingt. Nur bei der Anwendungsübung wird der Schüler in gewissen 
Fällen anfänglich stutzen (z. B.: in welche Arbeitsklasse gehört die Hausfrau, der 
Totengräber u. s. w. ? — ferner: der Dieb, der Falschmünzer?), und darum 
der Lehrer ihm ein wenig zu Hülfe kommen müssen. Für die Oberstufe bleibt 
nur übrig, das Gelernte auf den erweiterten Auschauungskreis zu übertragen. 
Als neue Lektionen treten hier hinzu: die nähere Klassifizierung der Volks¬ 
wirtschafts arbeiten (Z 4) und der Zusammenhang der 6 Arbeits¬ 
klassen (Z 5). 
Der zweite günstige Umstand liegt darin, daß dieses Gebiet für die Schüler 
ausnehmend interessant ist. Dem Lehrer wird dieses gesteigerte Interesse sofort 
merkbar werden. Woher es rührt, läßt sich unschwer entdecken. Wohl wirkt 
dabei mit, daß der Stoff aus dem bewegten täglichen Leben stammt und auch 
die Erwachsenen so viel davon sprechen; daß er so anschaulich nahe bei der Hand 
ist; daß beim Unterricht jeder, auch der schwächste, etwas beisteuern kann; daß 
alles so leicht und glatt von statten geht, und daneben auch wieder ein Allzu¬ 
flinker zuweilen übel „hereinfällt". Allein der Hauptgrund muß doch an einer 
andern Stelle gesucht werden. Die große Mannigfaltigkeit der menschlichen Be¬ 
rufsthätigkeiten, das Hin und Her in Kauf und Verkauf, das bunte Getriebe 
des Verkehrs u. s. w. — kurz, das gesellschaftliche Arbeitsleben in seiner Viel¬ 
gestaltigkeit und Verschlungenheit erscheint dem Kindesblicke beinahe wie das 
Durcheinander der hin- und herwogenden Wolkenhaufen am Himmel, oder wie 
das Krimmeln und Wimmeln in einem geschäftigen Ameisenhaufen. Das Kind 
ahnt wohl, daß darin Sinn und Verstand sein müsse; allein es kann diesen 
Sinn nicht überall finden. Nun wird sein Blick auf die 6 allgemeinen 
Bedürfnisse gelenkt. Es merkt, daß all die verschiedenen Arbeiten einem oder 
mehreren dieser notwendigen Bedürfnisse gelten. Der Zweckbegriff bringt Licht 
in das Dunkel, das Durcheinander entwirrt sich: die Arbeiten ordnen sich gemäß 
den 6 Bedürfnissen in 6 Klassen, und vermöge dieser einfachen Ordnung kann 
jetzt die Mannigfaltigkeit bequem übersehen werden. So wird alles heller und 
heller. Das Kind lernt begreifen, was eigentlich „arbeiten" ist. Es erkennt, 
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