Full text: Anschaulich-ausführliches Realienbuch

67 
49* Friedrich Wilhelm IV. von Preußen 1840—i86i. 
1. Jugend. Er war von 7 Kindern Friedrich Wilhelms III. und der 
unvergeßlichen Königin Luise das älteste. Die Mutter schrieb über ihn: „Der 
Kronprinz ist voll Geist und Leben. Er ist wahr in allen seinen Empfindungen 
und Worten; das Gute und Große zieht seinen Sinn an." Die Zeit der tiefsten 
Erniedrigung des Vaterlandes stimmte den Knaben ernst. An der Erhebung nahm 
der Jüngling mit Begeisterung teil. 
2. Die Verfassung. In fast allen Staaten regierten damals die Fürsten 
nach ihrem eigenen Willen; legten Steuern auf und gaben Gesetze, ohne die 
Meinung des Volks zu hören. Auch in Preußen war dies der Fall. Nachdem 
das Volk aber in den Befreiungskriegen sein Blut für das Vaterland vergossen 
hatte, verlangte es, durch selbstgewählte Vertreter bei Beratung der Gesetze sowie 
bei Feststellung der Steuern und der jährlichen Staatseinnahmen und -ausgaben 
seinen Willen zum Ausdruck zu bringen. Nachdem die süddeutschen und manche 
kleinere Fürsten ihren Unterthanen die gewünschte Verfassung gegeben hatten, ver¬ 
sprach Friedrich Wilhelm III. seinem Volke ebenfalls eine Verfassung. Jedoch erfüllte 
er sein Versprechen nicht. Auch Friedrich Wilhelm IV. wollte anfangs von einer 
Verfassung nichts wissen; denn er fiirchtete, durch die Volksvertreter an seiner 
königlichen Macht etwas einzubüßen. Im Jahre 1847 eröffnete er jedoch die 
erste Versammlung des aus den Provinzial - Landtagen vereinigten Landtages. 
Dieser erhielt eine beratende Stimme bei der Gesetzgebung und das Recht, 
Steuern und Anleihen zu bewilligen. Trotzdem war aber die Verstimmung 
im Volke nicht ganz verschwunden. 
3. Die Revolution von 1848. Im Februar 1848 war 'in Frankreich 
wiederum eine Revolution ausgebrochen. Man hatte den König verjagt und eine 
Republik errichtet. Die Nachricht davon zündete auch in Deutschland. Die Unzu¬ 
friedenheit war auch hier überall groß. Das Jahr 1847 hatte Mißernten, 
Kartoffelkrankheit u. a. Unglück gebracht. In Schlesien brach daher der Hunger¬ 
typhus ans, und in Berlin entstanden „Brottumulte" und „Kartoffelaufstände". 
An allem Unglück sollte der König schuld sein. Die Aufregung wuchs daher von 
Tag zu Tag. Aus den Vorstädten Berlins strömte allerlei Gesindel zusammen, 
und in Kellern und Wirtshäusern wurde von ehrlosen Wühlern zum Kampfe 
gereizt. Da endlich gab der König nach, und am 18. März erschien eine Be¬ 
kanntmachung, worin er dem Volke eine freiheitliche Verfassung für Preußen 
versprach. Als er am Nachmittag vom Balkon des Schlosses herab selbst seinen 
Entschluß verkündete, da schwenkte das Volk auf dem Schloßplätze die Hüte und 
rief ihm brausende Hurras entgegen. Während dann aber das Militär den 
Schloßplatz räumen sollte, fielen plötzlich 2 Schüsse. Niemand wußte, woher sie 
gekommen waren. Es war auch keiner getroffen worden. „Wir sind verraten!" 
schrie das Volk und griff zu den Waffen. In wenigen Stunden waren alle 
Straßen durch Barrikaden gesperrt und Häuser und Fenster mit Bewaffneten 
besetzt. Nun folgte ein heftiger, blutiger Straßenkampf, der die ganze Nacht an¬ 
dauerte. Von diesem Blutbade aufs tiefste bewegt, gab der König Befehl zum 
Abzug des Militärs und willigte in die Errichtung einer Bürgerwehr. Während 
dieser unruhigen Zeit stockte Handel und Wandel. Die wohlhabenden Familien 
verließen Berlin; die Armen aber litten Not; denn es fehlte an Verdienst. 
4. Verfassung. 1850 kam endlich die langersehnte Verfassung zustande, 
die noch heute im großen und ganzen zu Recht besteht.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.