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sofort mit der Urbarmachung und baute den Bromberger Kanal, der die Netze
mit der Brahe (und dadurch die Oder mit der Weichsel) verbindet. „Hier habe
ich," sagte er stolz, „ein Fürstentum gewonnen, zu dessen Eroberung ich keines
Soldaten bedurfte." Nach und nach sind auch noch die meisten andern Sumpf¬
gegenden der Provinz entwässert, so daß sich nur noch wenige Landstriche finden,
die mit unfruchtbaren Mooren bedeckt sind. Fast überall, besonders in den Niederungen
der Warthe, Weichsel und Netze — erblickt das Auge jetzt fruchtbare Felder und
Wiesen. Die Hauptstadt Posen (73 T.) ist eine starke Festung. Andre Städte sind
Bromberg, Gnesen, Lissa u. s. w.
2. Der polnische Bauer. Die Bewohner der Provinz sind zur größern Hälfte
polnischer Abstammung und die Dörfer im östlichen Teile fast ausschließlich von
Polen bewohnt. Solange das Land unter polnischer Herrschaft stand, war der
Bauer Leibeigner seines Gutsherrn, und in den Dörfern sah es jämmerlich aus.
Seitdeni jedoch das Land preußisch geworden und der Bauer ein freier Mann ist,
hat sich vieles gebessert. Die Dörfer, in denen z. T. jetzt auch schon viele Deutsche
wohnen, haben ein sauberes und freundliches Aussehen erhalten. An vielen Stellen,
wo früher ein altes zerfallenes Wohnhaus mit zerfetztem Strohdache stand, erhebt
sich jetzt ein neues, das nicht selten mit Ziegeln gedeckt ist. Auch die Dorfstraße
ist gepflastert, und die Wege sind mit Bäumen bepflanzt worden. Fast in allen
Dörfern sind Schulen errichtet, und lesen und schreiben lernt jetzt wohl jedes Kind.
6. Provinz Schlesien. (40 T. qkm — 4,4 M. E. — V2 kath.)
1. Bodengcstalt. Schlesien hat im allgemeinen die Gestalt eines großen
muldenförmigen Thales. Im Osten wird es vom südlichen Landrücken (dessen
bedeutendster Teil die Tarnowitzer Höhen sind), im Südwesten aber von den
Sudeten (S. 88) begrenzt.
2. Das Oderthal. Der größte Teil Schlesiens ist Tiefland, das der Länge
nach von der Oder durchflossen wird. (Nenne die bedeutendsten Nebenflüsse der
Oder in Schlesien! S. 92.) Bei Ratibor wird die Oder schiffbar. Weiter nördlich
führt sie an Kosel, Oppeln und Brieg vorüber nach Breslau (375 T.), der
Hauptstadt Schlesiens. B r e s l a u ist die zweitgrößte Stadt Preußens. Aus dem Markt¬
platze erfreuen uns die Standbilder Friedrichs d. Gr. und Friedrich Wilhelms III.,
auf dem Blücherplatze erhebt sich das Denkmal Blüchers. Die Kohlenvorräte
der Provinz ermöglichen eine großartige Fabrikthätigkeit, die sich hauptsächlich auf
Maschinenbau und Wollweberei erstreckt. Die Wolle wird von den großen Schäfereien
auf dem rechten, sandigen Oderufer geliefert. Im Westen und Süden von Breslau
dehnt sich die äußerst fruchtbare mittelschlesische Ebene aus. Der Zuckerrübenbau
dort hat zahlreiche Zuckerfabriken hervorgerufen. Der Hanptort ist das durch seine
Gemüse- und Blumengärtnereien bekannte Liegnitz. Die tveite Ebene ist oftmals
der Schauplatz heftiger Kämpfe gewesen, so bei Mollwitz 1741, Hohenfried¬
berg 1745, Leuthen 1757, Liegnitz 1760, an der Katzbach 1813. — Strom¬
abwärts von Breslau gelangen wir nach der Festung Glogau und von dort mit
der Eisenbahn nach Grünberg, in dessen hügeliger Umgebung Wein gebaut wird.
3. Am Fuße der Sudeten dehnt sich bis zur Ebene hin ein breites Hügelland
aus, das von muntern Gebirgsbächen durchschnitten wird. In den langen, tiefen
Thälern ziehen sich oft stundenlange Gebirgsdörfer hin, wie Langenbielau (17 T.)
Wüstegiersdorf u. a. Bergbau kann wegen Mangel an Erzen nur in geringem
Maße betrieben werden. Ihre Bewohner ernähren sich daher vielfach als Weber,
wozu ihnen die Felder vorzüglichen Flachs liefern. Die hauptsächlichsten Bezirke
für Leinen- und Banmwollenweberei sind Reichenbach, Landeshnt, Hirsch¬
berg und Schweidnitz, für Tuchwebereien Görlitz (70 T.). Das Brenn-