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nur zwischen Ernte und Brache wechselt; Wechsel- oder Dreifelder¬
wirtschaft scheint auch der Folgezeit noch unbekannt geblieben zu sein.
Mangelhaft wie zu Anfang blieben die Werkzeuge, mit denen man
die notwendigsten ländlichen Arbeiten vornahm. Der Pflug war nicht
5 imstande, das Erdreich genügend aufzureißen, so daß der klarst nach¬
helfen mußte; die Egge war unbekannt, ebenso die Sense, deren
Stelle durchweg die Sichel vertrat; und gar das Dreschverfahren,
das meist darin bestand, daß man Rinder, Pferde oder Maulesel
über die Tenne trieb und die Ähren durch ihre Hufe austreten ließ,
10 war äußerst unvollkommen. Nur durch die große Menge von Arbeits¬
kräften, welche infolge des bedeutenden Sklavenbesitzes den Grund¬
eigentümern zu Gebote standen, war es möglich, daß überhaupt die
Landwirtschaft ihren Mann nährte. Große Reichtümer haben Grund¬
besitzer im alten Griechenland, wenigstens beim Getreidebau, schwerlich
iS gesammelt; eher konnten Wein- und Olpflanzungen, für die der Boden
zum Teil außerordentlich günstig war, reichere Einnahmen liefern.
Namentlich mit Dl konnte Griechenland selbst das Ausland noch
versorgen, während das Getreide bei weitem nicht den eigenen Bedarf
deckte und daher eine sehr bedeutende Einfuhr von auswärts, vor-
so nehmlich vom Schwarzen Meere, später auch von Ägypten, not¬
wendig war.
Eine sehr wichtige Rolle spielte in der griechischen Landwirtschaft
die Viehzucht. Zur Zeit Homers überragte sie bei weitem den Acker¬
bau an Bedeutung; der Reichtum vornehmer Leute bestand damals
25 wesentlich in Herden; Vieh als Brautgeschenk ist sehr gewöhnlich,
bei Wertbestimmungen bildet es den Wertmesser des noch unbekannten
gemünzten Geldes. Man zog Pferde, Esel, Maulesel, Rinder,
Schafe, Ziegen und Schweine. Die Pferdezucht hatte verhältnismäßig
geringere Bedeutung, einige Landschaften ausgenommen. Die ge-
3o birgige Natur des Landes erschwerte den Gebrauch der Pferde als
Zugtiere, am meisten Verwendung fanden sie als Reittiere, außer
für den kriegerischen Bedarf auch für die Reise, für Wettrennen u. dgl.
Namentlich im Zusammenhang mit dem Rennsport ward die Pferde¬
zucht vielfach zu einer aristokratischen Liebhaberei. Am ausgedehntesten
35 war die Pferdezucht in Thessalien, dessen weite Ebenen sich trefflich
dafür eigneten; die thessalische Reiterei war auch von alters her
ebenso zahlreich wie tüchtig. Im wirtschaftlichen Gebrauch ver¬
traten Maultiere und Esel die Stelle der Pferde, namentlich als
Lasttiere; die Maultiere wurden besonders zum Ziehen verwandt,
40 während die Esel mehr zum Tragen von Lasten gebraucht wurden.