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An seinem 18. Geburtstage führte ihn sein Großvater, Kaiser Wilhelm I., 
als Offizier in die Garde ein. Seine herzliche Ansprache schloß er mit den 
Worten: „Nun geh und thu deine Pflicht, wie sie dir gelehrt werden wird. Gott 
sei mir dir!" Auf der Hochschule in Bonn studierte der Prinz die Rechts- und 
Staatswissenschaft. Der große Reichskanzler Fürst Bismarck führte ihn in die 
Staatskunst, andere geschickte Beamte in alle Zweige der Verwaltung ein. So 
war er wohlvorbereitet auf sein hohes Amt, als ihn Gott auf den Thron berief. 
4. Er bestieg als König von Preußen und deutscher Kaiser den 
Thron am 15. Juni 1888 in seinem 30. Lebensjahre. Seine Gestalt 
ist mittelgroß und kräftig. Durch körperliche Übungen hat er sich abgehärtet und 
auch die Schwäche seines linken Armes vermindert. Er hat blaue Augen, 
blondes Haar und einen blonden Schnurrbart. Sein Gesicht sieht meist ernst 
aus. Seine Rede ist bestimmt und klar. In seiner ersten Ansprache gelobte er, 
„seinem Volke ein gerechter und milder Fürst zu sein, Frömmigkeit und Gottes¬ 
furcht zu pflegen, den Frieden zu schirmen, die Wohlfahrt des Landes zu fördern, 
den Armen und Bedrängten ein Helfer, dem Rechte ein treuer Wächter zu sein." 
Am 25. Juni 1888 versammelten sich die deutschen Fürsten und Volksvertreter 
um den neuen Kaiser in Berlin. Fest und würdevoll trat er auf im Kaiser¬ 
schmuck, und bedeutsame Worte sprach er. Stolz und glücklich sahen alle Deut¬ 
schen, daß das geeinte neue Reich nun sicher gegründet war. 
5. Er sucht den Frieden zu erhalten. Viele dachten, der junge Kaiser 
würde als eifriger Soldat nach Kriegsruhm trachten. Er aber sprach: „Gott be¬ 
wahre mich vor solch sündhaftem Leichtsinn! Ich bin entschlossen, Frieden zu 
halten mit jedermann, so viel an mir liegt." Um des Friedens willen unternahm 
der Kaiser viele Reisen zu benachbarten Fürsten und befestigte dadurch das Band 
der Freundschaft zwischen Fürsten und Völkern. Eine besondere Bürgschaft des 
Friedens ist der Dreibund zwischen Deutschland, Österreich und Italien, eine 
friedliche Erwerbung die Insel Helgoland vor der Elbmündung. 
Doch nur der Starke kann den Frieden erhalten. Darum verwendet der 
Kaiserden größten Fleiß auf die Ausbildung der Armee und der Flotte. Auch 
um das Schulwesen bekümmert er sich eifrig, damit sein Volk durch eine ge¬ 
sunde Bildung geschickt, gesittet und glücklich werde. 
6. Er sorgt für die Arbeiter. Unter den besitzlosen Arbeitern, die sich 
nur durch ihrer Hände Arbeit nähren, herrscht oft Not, besonders wenn sie keine 
Arbeit finden, krank und alt werden. Mehr und mehr entstand unter ihnen eine 
große Unzufriedenheit, die von Aufhetzern geschürt wurde. Das ging dem Gro߬ 
vater unseres Kaisers zu Herzen, und er beschloß, die Not des armen Mannes 
durch wohlthätige Gesetze zu lindern. Er veranlaßte durch eine Botschaft den 
Reichstag, Gesetze zum Schutze der Arbeiter zu beraten. Kranke Arbeiter 
sollten verpflegt und unterstützt, verunglückte unterhalten, alte und erwerbs¬ 
unfähige mit einem Jahrgelde bedacht werden. Zwei dieser Gesetze führte der 
gute alte Kaiser zum Segen der Arbeiter aus. Das dritte wurde noch beraten, 
als er starb. In seine Fußstapfen ist nun sein Enkel, unser Kaiser, getreten. 
Erkrankte Arbeiter erhalten unentgeltlich Arzt und Arzenei und werden nach 
dem Krankenkassengesetz unterstützt. Nach dem Unfallversicherungs¬ 
gesetz werden alle Verunglückten unterhalten, die durch Unglücksfälle bei der 
Arbeit arbeitsunfähig werden. Nach dem Altersversicherungs- und Jn- 
validengesetz erhalten alte und dienstunfähige Arbeiter ein lebenslängliches 
Jahrgeld. Wie jeder Mensch die Pflicht zur Arbeit hat, so soll er auch ein 
Recht auf Schutz und Sicherung seines Loses haben. Wegen seiner Fürsorge für 
die Arbeiter haben viele unserm Kaiser den Ehrennamen „Ärbeiterkaiser"gegeben.
	        
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