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Erster Teil. Die Zeitalter der deutschen Dichtung.
40—43. Opitz und seine Schule.
40. Martin Opitz,
1597—1639, geb. zu Bunzlau in Schlesien, galt lange Zeit für, einen hervorragenden
Dichter und begeisterten Patrioten. Die neuere Kritik hat diese Übertreibungen auf dae
rechte Maß zurückgeführt. Wenn auch seine Verdienste um die Würdigung der deutsches
Sprache in der Poesie sowie um die äußere Form, die Regeln und Gesetze der arg ver¬
wilderten Dichtkunst unbestreitbar sind, so bleibt er trotzdem ein würdeloser Schmeichle
und unangenehmer Streber, der sich sogar nicht scheute, dem berüchtigten Protestanten»^
folger, dem „Seligmachcr" Grasen Hannibal von Dohna, Bütteldienste zu leisten-
S. S. 450 des III. Teiles.
M. Opicii, Teutsche Poemata. Straßburg 1624.
Vertrauen
1. Wer Gott das Hertze giebet
So nie sich von ihm trennt
Und eine Seele liebet
Die keine" Falschheit kennt
Der mag ohn Sorgen wachen
Mag schlaffen wie er will j
Weil seine rechte sachen
Sehn auff ein gutes Ziehl.
2. Laß böse Zungen sprechen
Was ihnen nur gefällt |
Laß Neid und Eifer stechen
Laß toben alle Welt
Der 32
1. O wol dem der die Übelthat
Nicht mehr auff sich zu tragen hat:
Dem seine Laster sind verdecket
Darein er sich zuvor gestecket!
2. O selig der dem Gottes Huld
Nicht zuschreibt seiner Fehler Schuld
Bey welchem kein Betrug zu finden
Dardurch er bergen wil die Sünden!
3. Da als ich wolte sicher gehn
Und mein Verbrechen nicht gestehn
Geschwand ich gantz an Mark und
Beinen
Für stätem Heulen und für Weinen.
4. Tann deiner Hand ergrimmte Macht
Lag auff mir Armen Dag und Nacht:
Es ist mir alle Krafft zeronnen
Wie Graß dorrt von der Sommer¬
sonnen.
auf Holt.
So wird er dennoch machen
Was sein Gemüte wil
Weil seine rechte sachen
Gehn auf ein gutes Ziehl.
3. Ich lege Neid und Hassen
Bestendig unter mich |
Und stelle thun und lassen
O Gott allein aus dich.
Tn wirst es alles machen
Thun was mein Hertze will
Weil seine rechte sachen
Sehn auff ein gutes Ziehl.
Vlakm.
5. Da aber ich umb Gnade bat
Erzehlte meine Missethat ;
Und sprach: O Herr ich beichte lieber-
Ta liessestu die Schuld vorüber.
6. Darumb das Volck der Heiligkeit
Dir ruffen sol zu rechter Zeit:
So wird kein Strom nicht zu ihi"
fliesten
Wann alle Fluten sich ergiessen.
7. Du bist mein Schirm beschützt
mich
Treib Angst und Schmertzen hinter sieb
Das ich mit süssem Lobgesange
Auff die Erlösung frölich prange.
8. Ich wil dein Lehrer seyn sprichst"
Den Weg dir weisen richtig zu
Dich wo du wandelst aller Seiten
Mit meiner Augen Klarheit leiten.