Heldensagen. 
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2. Noch von einem zweiten Ungeheuer mußte Herakles das Land Argos 
befreien. Es war die neunköpfige lernäische Schlange oder Hydra, vor 
der ebenfalls weder Mensch noch Tier sicher war. Furchtlos näherte sich ihr 
der Held und zerschmetterte mit seiner Keule einen Kopf nach dem andern. 
Zu seinem Erstaunen sah er jedesmal an Stelle des einen sofort zwei neue 
Köpfe hervorwachsen. Nun ließ er von seinem Begleiter einige Bäume des Waldes 
auzüuden und fuhr jedesmal mit dem angebrannten Baumstumpf in die frische 
Wunde hinein. Die Köpfe konnten jetzt nicht mehr nachwachsen, und bald lag 
das Ungeheuer tot am Boden. In das giftige Blnt tauchte er seine Pfeile, 
die seitdem unheilbare Wuudeu schlugen. 
3. Auf den Hügeln Arkadiens weidete eine Hirschkuh, die hatte goldenes 
Geweih und eherne Füße. Eurystheus befahl, sie lebendig zu fangen. Ein ganzes 
Jahr lang verfolgte Herakles sie, bis es ihm gelang, sie durch einen Pfeilschuß 
zu lähmen. Dann lud er das herrliche Tier auf seine Schultern und brachte 
es zu Eurystheus. 
4. Der vierte Auftrag bestand darin, einen wilden Eber, der in einem 
dichten Walde wohnte und die ganze Gegend verwüstete, lebend nach Mykenä 
zu'bringen. Herakles trieb ihn durch Geschrei aus seinem Schlupfwinkel, ver- 
folgte ihn über ein weites Schneefeld, sing ihn mit einem starken Strick ein 
und trug ihn gefesselt vor den König. 
5. Der König Augias iit der Landschaft Elis befaß große Viehherden. 
Für seine 3000 Rinder diente eine Umzäunung vor seinem Palaste als Stall. 
Hier hatten sie Jahre hindurch gestanden, ohne daß die Stätte gereinigt worden 
war. Herakles sollte nun allen Unrat, der sich aufgehäuft hatte, ort einem 
einzigen Tage hinausschaffen. Augias lachte, als der Held in feiner Löwen- 
haut vor ihn trat und sein Vorhaben kundtat; denn er dachte, dieser werde 
mit Schaufel und Spaten die Arbeit beginnen und an einem Tage wenig 
genug fertig bringen. Herakles aber riß die eine Seite der Umzäunung ein, 
leitete durch einen Kanal das Wasser zweier Flüsse in den Stall und ließ so die 
Dunghaufen wegschwemmen. In einem Tage war der ganze Stall reingespült. 
6. Kaum hatte der Held seine Tat dem Eurystheus gemeldet, als dieser 
ihm schon einen neuen Auftrag gab: er sollte die sogenannten stymphalischen 
Vögel verjagen. Sie hießen so nach dem See Stymphalns in Arkadien, 
wo sie in dem dichten Ufergebüsch ihre Schlupfwinkel hatten. Sie waren lange 
Zeit für Mensch und Vieh der Umgegend eine Plage gewesen; denn sie ver¬ 
standen es, ihre Federn wie Pfeile abzuschnellen und den Feind sicher damit 
zu treffen, und mit ihren ehernen Schnäbeln durchlöcherten sie selbst Metall- 
Panzer. Als Herakles ankam, hörte er das Schwirren, Flügelrauschen und 
Schreien zahlloser Vögel, so daß er ratlos dastand. Da trat die Göttin 
Pallas Athene, die dem Helden wohlgesinnt war, zu ihm und reichte ihm 
zwei riesige eherne Klappern, die Hephästus geschmiedet hatte. Mit diesen 
machte nun Herakles solches Getöse, daß die Vögel sich erschreckt in die Luft 
erhoben und übers weite Meer davonflogen. 
7. Auf der Insel Kreta hauste ein rasend gewordener Stier, der 
große Verwüstungen anrichtete. Herakles fing ihn, und unter seinen Händen 
wurde das Tier so zahm, daß es ihn willig auf seinen Rücken nahm und 
über die wogende See nach dem Peloponnes trug. 
Christensen u. Suhr, Geschichte für Mittelschulen. I. 2. Aufl. Z
	        
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