126 6. Technik.
Und ein drittes, was für die Entwicklung der Technik von ausschlag—
gebender Bedeutung geworden ist, ist der menschliche Fortschritt in der
wissenschaftlichen Naturerkenntnis und in der technischen Anwendung
der Naturgesetze. Während früher nur die handwerksmäßigen Erfah—
rungen und die darauf sich aufbauenden Versuche die verschiedenen
Grundlagen für die technischen Leistungen waren, bei denen der Fort—
schritt nur langsam im Verlauf von Generationen errungen werden
konnte, hat die wissenschaftliche Erkenntnis aller der für das Gelingen
irgendeines Werkes der Maschinen-, Ingenieur- oder Fabrikationstechnik
wesentlichen Bedingungen die Grenzen des Könnens derart erweitert,
daß man die zum Fortschritt führenden Experimente auf viel sicherer
Grundlage und mit schnellerem Erfolge vornehmen konnte. Wie langsam
der ursprüngliche Weg weiterführte, von welchen Zufällen jede Erkennt—
nis abhängig war, tritt uns in anschaulicher Weise in dem von uns allen
gelesenen „Robinson Crusoe“ entgegen. Zufällig lernt Robinson es, durch
Reibung zweier hölzer Seuer anzuzünden. Ihm stellt sich hier zum
erstenmal, ohne daß er es ahnt, das wichtige Naturgesetz, nach welchem
Reibung Wärme erzeugt, oder richtiger ausgedrückt, nach welchem durch
Reibung mechanische Arbeit in Wärme umgewandelt wird, entgegen.
Es erscheint ihm aber nicht in allgemeiner Form, sondern er muß sich
mit der Tatsache begnügen, daß er durch Reibung zweier verschieden
harter hölzer das ihm so unentbehrliche Feuer entflammen kann. Solcher
einzelnen Erfahrungen, wie sie Robinson hier machte, hat die Menschheit
die Jahrtausende hindurch nun viele gesammelt und von Generation
zu Generation vererbt. Aber den führenden Geistern der Menschheit
blieb es vorbehalten, aus den einzelnen Erfahrungen das allgemeine
Naturgesetz zu erkennen, dies Gesetz weiteren Verfuchen zugrunde zu
legen, um durch diese einerseits die Kichtigkeit der Erkenntnis zu be—
weisen, andrerseits aus ihnen neue wichtige Erfahrungen zu sammeln.
So erweiterte und vertiefte sich unsere Erkenntnis der Natur immer
mehr, so wurden die Lehren unserer modernen Physik und Chemie be—
gründet, und mit ihnen wuchs, sich gegenseitig fördernd, die moderne
wissenschaftliche Technik heran. Die Erbauer der ersten Wassermaschinen
in den Bergwerken, der ersten Dampfmaschine, der ersten Cokomotive
mußten durch schöpferische, geniale Phantasie das ersetzen, was ihnen
an Kenntnis der Festigkeitslehre, Mechanik usw. fehlte. Ihre Nach—
folger haben dann aber aus ihren Erfahrungen die Grundlagen für