nicht viel die Rede ist, dann werden manchmal sehr wenige 
Nationalliberale gewählt. 
Als damals die vielen Nationalliberalen ausgetreten waren, 
dabei sa berühmteMänner. wie der damaligeOberbürgermeister von 
Berlin, Forckenbeck, da taten sie sich mit den Herren zusammen, 
die sich bis dahin noch immer Fortschrittspartei genannt hatten, 
und die machten eine neue große Partei und nannten sich die 
deutsch-freisinnigePartei. Die wurde im Jahre 1884 
gegründet. Und das war damals auch die stärkste Partei im 
Reichstag. Sie hatte 110 Abgeordnete. Und die waren so mäch° 
tig, daß der Bundesrat eigens ihretwegen eine große Erklärung 
erließ. Die deutsch-freisinnige Partei verlangte nämlich, daß da 
nicht mehr ein Reichskanzler verantwortlieh sein sollte, sondern daß 
ein großes Reichsministerium gemacht werden sollte mit einer 
ganzen Menge von Ministern, von denen jeder einzelne verant¬ 
wortlich sein sollte. Denn sie dachten, ein Ministerium 
würde immer viel eher das tun müssen, was der Reichstag haben 
will. Da erließ also der Bundesrat eine Erklärung, daß er 
damit niemals einverstanden sein würde. Die ganze Verantwor¬ 
tung für die Reichspolitik müßte bei einem Manne bleiben 
und der müßte über die anderen Staatssekretäre zu sagen haben, 
denn im Reich müßten nicht nur die Reichstagsabgeordneten, son¬ 
dern auch noch der Bundesrat abstimmen, und Wenns nun noch 
ein Ministerium gäbe, worin abgestimmt wiirde, dann würde das 
ein bißchen zu viel werden und dann würde schließlich niemand 
wissen, wer für jede Sacke verantwortlich wäre. 
Es ist sonst nie vorgekommen, daß der Bundesrat so eine Er¬ 
klärung erlassen hat über das, was eine einzelne Partei will. 
Also hat der Bundesrat — damals war Fürst Bismarck Präsi¬ 
dent des Bundesrats — die deutsch-freisinnige Partei für eine 
sehr mächtige Partei gehalten. Aber schon bei den Wahlen 
1884 wurden viel weniger Deutsch-Freisinnige gewählt als 
man gedacht hatte. Und nachher wurden immer weniger ge¬ 
wählt und im Jahre 1893 ist die ganze deutsch-freisinnige 
Partei wieder entzwei gegangen, weil einige für das stimm¬ 
ten, was damals der Kaiser fürs Heer verlangte und einige da¬ 
gegen. Und die, die damals dafür waren, nannten sich Frei¬ 
sinnige Vereinigung und die dagegen waren, nannten 
sich Freisinnige Volkspartei. Und die freisinnige 
Volkspartei ist noch eine Zeitlang sehr gegen die Regierung ge¬ 
wesen. Das hat sich erst in letzter Zeit geändert. Das heißt, für 
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