Full text: Die Neuzeit bis zum Tode Friedrichs des Großen (H. 3)

98 IV. Das Zeitalter d. ununlschr. Fürstengewalt. Aufstieg Preußens z. europ. Geltung. 
aber die alten Ansprüche seines Hauses auf Teile von Schlesien; denn 
durch die Rückgabe des Kreises Schwiebus sei das im Vertrage von 
1537 erworbene Erbrecht der Hohenzollern wiederhergestellt. Er for- 
derte also von Maria Theresia Niederschlesien und versprach ihr dafür 
Geld- und Heereshilfe zur Verteidigung der österreichischen Erblande gegen 
jeden Angriff, namentlich gegen Frankreich. Entrüstet wies die stolze 
Kaisertochter dieses Ansinnen und Anerbieten zurück. Darauf überschritt 
Friedrich „mit wehenden Fahnen und klingendem Spiel den Rubikon", 
d. h. er fiel im Dezember 1740 in Schlesien ein und besetzte in wenigen 
Wochen fast das ganze Land. Erst im Frühjahr 1741 trat ihm ein öfter- 
reichisches Heer entgegen. Aber bei Moll Witz nicht weit von Brieg wurde 
es geschlagen, dank der straffen Zucht und dem sicheren Feuern der prenßi- 
scheu Infanterie, die der Feldmarschall Schwerin zum Siege führte. 
Dieser Mißerfolg Österreichs ermutigte die Kurfürsten von Bayern 
und Sachsen in ihren Ansprüchen: sie verbündeten sich mit Frankreich und 
Spanien und griffen zu den Waffen. So begann der Österreichische Erb- 
folgekrieg (1741). Karl Albert von Bayern fiel mit französischer Hilfe 
in Österreich ein und ließ sich in Linz huldigen. Anstatt nun gerade- 
wegs auf Wien loszugehen, eroberte er Böhmen und nahm in Prag die 
böhmische Königskrone. Maria Theresia wandte sich in ihrer Not an 
die Ungarn, die begeistert für ihren „König" in den Krieg zogen. Nun 
schlug das Kriegsglück um. Zwar wurde Karl Albert von den Kurfürsteu 
einstimmig zum Kaiser gewählt und als Karl VII. gekrönt, aber während¬ 
dessen vertrieben die Ungarn seine Truppen aus Österreich, drangen in 
Bayern ein und eroberten München. 
Um den bedrängten Kaiser zu entlasten, rückte Friedrich in Böhmen 
ein und schlug die Österreicher bei Chotusitz östlich von Prag (1742); 
3™ B^siau"Nach dieser Niederlage trat Maria Theresia im Frieden von Breslau 
fmitSchiesien Schlesien bis zur Oppa nebst der Grafschaft Glatz an Preußen ab. Das 
an Preußen Staatsgebiet wurde dadurch um mehr als ein Viertel vermehrt. 
Zwei Jahre später nahm Friedrich Ostsriesland, auf das die Kur- 
fürfteu von Brandenburg die Anwartschaft hatten; damit eröffnete er sei- 
nem Lande die Nordsee. 
§ 97. Der zweite Schlesische Krieg (1744—1745) und das Ende des 
Österreichischen Erbfolgekrieges. Von ihrem gefährlichsten Feinde be- 
freit, konnte Maria Theresia den Krieg gegen Karl VII. und Frankreich 
mit mehr Nachdruck weiterführen. Sie empfing in Prag die böhmische 
Königskrone und nahm in München die Huldigung der Bayern entgegen, 
während die Franzosen über den Rhein zurückgetrieben wurden. Diese Er- 
folge der Österreicher erfüllten Friedrich mit Sorge um den Besitz Schlesiens. 
Darum rückte er mit 80000 Mann „kaiserlicher Hilfsvölker" in Böhmen 
ein und bemächtigte sich nach kurzer Belagerung der Hauptstadt Prag. 
Da aber die Österreicher durch geschickte Bewegungen einer Schlacht auszu¬ 
weichen wußten, sah er sich zu Beginn des Winters genötigt, Böhmen zu
	        
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