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68. Das Schlost Bvncoilrt.
1. Ich träum' als Kind mich zurücke
und schüttle mein greises Haupt;
wie sucht ihr mich heim, ihr Bilder,
die lang ich vergessen geglaubt?
2. Hoch ragt aus schatt'gen Gehegen
ein schimmerndes Schloß hervor,
ich kenne die Türme, die Zinnen,
die steinerne Brücke, das Thor.
3. Es schauen vom Wappenschilde
die Löwen so traulich mich an,
ich grüße die alten Bekannten
und eile den Burghof hinan.
4. Dort liegt die Sphinx *) am Brun¬
dort grünt der Feigenbaum, snen,
dort hinter diesen Fenstern
verträumt' ich den ersten Traum.
5. Ich tret' in die Burgkapelle
und suche des Ahnherrn Grab;
dort ist's, dort hängt vom Pfeiler
das alte Gewaffen herab.
6. Noch lesen, umflort, die Augen
die Züge der Inschrift nicht,
wie hell durch die bunten Scheiben
das Licht darüber auch bricht.
7. So stehst du, o Schloß meiner Väter,
mir treu und fest in dem Sinn, —
und bist von der Erde verschwunden,
der Pflug geht über dich hin.
8. Sei fruchtbar, o teurer Boden,
ich segne dich mild und gerührt,
ihn fegn' ich zwiefach, wer immer
den Pflug nun über dich führt.
9. Ich aber will auf mich raffen,
mein Saitenspiel in der Hand,
die Weiten der Erde durchschweifen
und singen von Land zu Land.
A. v. Chamiffo.
69. Eine Besteigung des Vesuvs.
Neapel, den 6. März 1787.
Aus treuer Geselligkeit begleitete Tischbein mich heute auf den Vesuv.
Wir fuhren auf zwei Kaleschen, weil wir uns als Selbstführer durch
das Gewühl der Stadt nicht durchzuwinden getrauten. Der Fahrende
schreit unaufhörlich: Platz, Platz! damit Esel, Holz oder Kehricht Tragende,
entgegen rollende Kaleschen, lastschleppende oder sreiwandelnde Menschen,
Kinder und Greise sich vorsehen, ausweichen, ungehindert aber der scharfe
Trab fortgesetzt werde.
Der Weg durch die äußersten Vorstädte und Gärten sollte schon auf
etivas Plutonisches hindeuten. Denn da es lange nicht geregnet, waren
von dickem und aschgrauem Staube die von Natur immergrünen Blätter
überdeckt, alle Dächer, Gurtgesimse und was nur irgend eine Fläche bot,
gleichfalls übergraut, so daß nur der herrliche blaue Himmel und die herein¬
scheinende, mächtige Sonne ein Zeugnis gab, daß man unter den Leben¬
digen wandle.
Am Fuße des steilen Hanges empfingen uns zwei Führer, ein älterer
und ein jüngerer, beides tüchtige Leute. Der erste schleppte mich, der zweite
i) Eine altägyptische Figur, halb Löwe, halb Weib, das Sinnbild des Rätselhaften.