Full text: Das zweite Schuljahr

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früher allgemein den einzelnen Kindern zum Kopieren verabreicht wurden, 
sind jetzt mit Recht aus allen guten Volksschulen verschwunden. Eine 
fleißige Kontrolle und specielle Unterweisung aller einzelnen Kinder hat 
den Gesanltunterricht zu begleiten, und die Schreibstunden sind keines¬ 
wegs Ruhestunden für den Lehrer. 
6. Auch der Schreibunterricht folgt dem Princip der Anschauung. 
Der Lehrer läßt den zu übenden Buchstaben in voller Schönheit an 
der Wandtafel entstehen, geht aus die Grundform desselben zurück, zer¬ 
legt denselben in seine Teile, läßt die Eigenschaften derselben finden, 
nötigt die Schüler zum Vergleich ihrer Schrift mit der Wandtafel¬ 
schrift, fordert bei der Korrektur zum Schätzen der Entfernungen auf rc. 
Wie wird da das Kind gewöhnt, scharf aufzufassen, immer und immer 
wieder zu vergleichen, zu schätzen und alles, was es angeschaut, in die 
That umzusetzen, darzustellen! Bei allen Lehrern, die energisch in dieser 
Weise unterrichten, drängt sich dem Beobachter thatsächlich dw Wahr¬ 
nehmung auf, daß in jeder dieser Stunden ein tüchtiges Stück geistiger 
Arbeit geleistet, daß durch solchen Unterricht die geistige Bildung der 
Schüler mit gefördert wird. 
7. Auch für die ästhetische Bildung des Schülers ist der Schreib¬ 
unterricht von großer Bedeutung. Indem der Lehrer einfache, von 
allen Verzierungen und Schnörkeln freie, regelmäßige und möglichst 
schöne Formen vorführt, diese zu einem harmonischen Ganzen vereinigt 
und mit Bedacht alles so ordnen läßt, daß die Objekte gleichmäßig sich 
aufbauen, indem er seiner Freude über wohlgelungene Formen lebhaften 
Ausdruck giebt, den Schülern Lob spendet, denen es gelingt, diese 
Formen gleich schön nachzubilden und so ihnen das Wohlgefallen an 
und das Bestreben zu formenschönen Nachbildungen weckt, leistet er der 
ästhetischen Bildung wesentliche Dienste, wie ja der Schreibunterricht, 
indem er an Reinlichkeit und Sauberkeit gewöhnt (beim Tafelschreiben 
wird die Schrift n i e anders als mit Hilfe des Wischläppchens ge¬ 
löscht, n i e auf die nasse Tafel geschrieben, n i e das Blatt mit an¬ 
gefeuchtetem Finger gewendet, n i e anders geschrieben, als die Hand 
auf dem Schutzblatt ruhend, n i e ein beschmutzter oder zerrissener Um¬ 
schlag zugelassen, nie ein entstandener Tinten- oder anderer Fleck länger 
als bis zum Schluß des Unterrichts im Buche geduldet rc.), sowie 
Ordnung und Regelmäßigkeit besonders pflegt (alle Schüler beginnen 
zu gleicher Zeit neue Zeilen, neue Seiten; so lange Wörter und kurze 
Sätze geschrieben werden, stehen alle Wörter genau untereinander wie
	        
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